Bordeaux 2018 Primeur

06. April 2019English


2018 - winners & losers of climate change




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Linkes Ufer - Médoc


Das nordwestlich von Bordeaux liegende Médoc ist vom maritimen Wetter des nahen Atlantiks geprägt und die Weine bestehen in der Regel nur zu geringen Anteilen aus Merlot. Da die Wetterbedingungen 2018 in fast allen Appellationen des Bordelais ähnlich waren fällt der zweite Faktor stärker ins Gewicht. Als ausgesprochenes Cabernet-Jahr profitierten die Weingüter im Médoc von dem langen, warmen und sehr trockenen Sommer. Dadurch wurde eine außerordentliche phenolische Reife erreicht, was bei den sehr hohen Tanninwerten von großer Bedeutung war. Alle Produzenten bestätigten, dass man wegen des stabilen Wetters ohne Eile die jeweils optimalen Erntezeitpunkte abwarten konnte. Die Ertragseinbußen im Frühjahr durch den Mehltau waren in allen Appellationen teilweise drastisch. Die wirksame Bekämpfung des Mehltaus stellte aber wegen des starken Trends hin zum biodynamischen Anbaus besondere Anforderungen. Praktisch alle Weine zeigen eine tiefviolette Färbung bis hin zu einem undurchdringlichen Schwarz. Die unterschiedlichen Qualitäten hatten ihren Grund zumeist in der Anpassung der Vinifikation an die hohen Alkohol-, Säure- und Tanninwerte. Viele Weingüter machten einen jahrgangstypischen 2018er Wein, die besten schafften es hingegen, die Typizität des eigenen Terroirs herauszuarbeiten.


St.-Estèphe



Château Montrose 2018, unter den besten Weinen des Jahrgangs.

Das nördlichste klassifizierte Château ist Calon-Ségur. Seit es 2012 durch die französische Versicherungsgruppe Suravenir Assurances übernommen wurde, blieb hier buchstäblich kein Stein auf dem anderen. Die hohen Investitionen in Weinberge, Keller und alle anderen Gebäude zahlen sich immer mehr aus. Seit 2014 entwickelt sich Calon-Ségur zum Super-Star im Médoc. Und auch der 2018er Wein besticht durch eine grandiose Frucht, bleibt am Gaumen seidenweich und wirkt fast feminin leicht für den Jahrgang. Ein weiterer großer Erfolg für Calon-Ségur.

Nicht weit entfernt der nächste Superstar, Château Montrose. Seit Jahren zahlen sich die hier getätigten Investitionen ebenfalls aus, die Präzision und Qualität der Weine positioniert das Château als Angreifer auf ein Premier Cru Niveau. Auch der Montrose 2018 wird diesem Anspruch gerecht, der Wein ist ein Traum aus explosiver Frucht, Balance, Eleganz und Frische und einer unserer wenigen Anwärter auf den Titel des Bordeaux-Wein des Jahres. In 2018 nicht ganz so groß zeigte sich der Cos d'Estournel 2018. Wohl ein schöner Wein mit Frische und langem Abgang fehlt ihm dieses Mal eine süße, delikate Frucht.


Pauillac



Château Mouton Rothschild 2018, ein großer, super klassischer Mouton für die Ewigkeit.

Pauillac mit drei Premier Crus ist und bleibt der Sweetspot von Bordeaux. Der Titel des besten Premier Cru geht unserer Meinung nach in 2018 eindeutig an den herausragenden Mouton Rothschild. Selten haben wir einen derart klassischen Mouton verkostet mit all seinem Druck, seiner Dichte, herrlichen Frucht und dem typischen Schuss an feinster Kräuteraromatik. Wer den wahren Mouton-Stil kennenlernen möchte sollte mit diesem Jahrgang beginnen. Mouton at its best!

Lafite Rothschild präsentierte einen sehr eleganten Wein, dem aber die Magie eines großen Lafite-Jahrgangs fehlte. Zum Ausgleich präsentierte man den bislang vielleicht besten Carruades Lafite und den sicher besten Clerc Milon seit vielen Jahrzehnten. Latour-Weine sind für ihre mächtige Statur bekannt. Der Jahrgang 2018 war für Château Latour nicht optimal. Im Glas fand sich ein Tannin-Monster, allerdings ein sehr feines mit weicher Frucht und guter Balance. In einigen Jahrzehnten wird dieser Wein sicher aufblühen, bis dahin heißt es abwarten. Der parallel vorgestellte Latour 2008 wirkte etwas ausgelaugt mit bräunlicher Farbe und bereits vielen Tertiäraromen. Hat man hier zu lange mit dem 2. Release gewartet?

Latour Nachbar Pichon Comtesse de Lalande konnte uns ebenfalls nicht überzeugen. Der Weinstil wurde mittlerweile deutlich verändert, hin zu einem Cabernet betonten, maskulinen Stil. Die hohen Merlot-Anteile verschwinden und mit ihnen die charakteristische, leichte und duftende Aromatik. Der Lalande 2018 wirkt hart, pfeffrig und zeigt Lakritz anstelle Frucht. Deutlich besser präsentiert sich der Nachbar Pichon Baron, der sich stets weiter entwickelt, dabei aber seinem in der Jugend kantigen Pauillac-Stil treu bleibt. Ein mächtiger, fetter, fleischiger Wein mit saftigem Abgang der ein langes Leben vor sich hat. Ein Fest für "Baron-Fans".

Château Pontet-Canet, direkter Nachbar von Mouton Rothschild zeigt, wie man in 2018 einen tollen Wein machen konnte. Ein großer Erfolg für das "PC" genannte Château mit einem intensiven, frischen und sehr saftigen Wein ohne Makel. Toll auch der vielschichtige Abgang. Hätte man doch nicht zwei Drittel der Ernte durch den Mehltau-Befall verloren! Nicht weit entfernt liegt das renommierte Château Lynch-Bages, das sich derzeit in einer Phase des kompletten Neubaus befindet. Die riesigen Dimensionen dieses Neubaus sind schon sichtbar und machen sprachlos. Die Verkostung war in das kürzlich erworbene Château Haut-Batailley ausgelagert. Der Lynch-Bages 2018 überzeugte uns nicht, der Wein war noch verschlossen und im Abgang trocken. So etwas wird in der neuen Kellerei sicher nicht mehr passieren.


St.-Julien



Nach 2016 wieder ein großer Léoville Las Cases mit toller, süßer Frucht und beeindruckender Balance.

Die Weine der Appellation St.-Julien genießen einen herausragenden Ruf, auch ohne ein Flaggschiff mit Premier Cru Status. Angeführt von dem an Château Latour angrenzenden Château Léoville Las Cases entstehen hier klassische Bordeaux mit mehr Schmelz als im nördlichen Pauillac. Nach dem überragenden LLC 2016 und dem großen 2017er präsentierte man erneut einen großen Wein. Trotz unglaublicher Konzentration wirkt der Las Cases 2018 am Gaumen unfassbar leicht. Seine wunderbare Säure trägt den fruchtig / fleischigen Wein mit einer ungemein delikaten Schokoladennote in einen langen Abgang mit süßer Frucht. Der LLC 2018 gehört ohne Zweifel zu den größten Weinen des Jahrgangs 2018.

Positiv überrascht waren wir auch beim südlichen Nachbarn Château Léoville Barton. Den seidig-weichen, kraftvollen Wein charakterisiert eine klare, transparente und süße Himbeeraromatik. Trotz leichter Trockenheit im Abgang ist der Wein keinesfalls überextrahiert. Das ist ein richtig schöner LB. Nachbar Château Ducru Beaucaillou, bekannt für kraft- und gehaltvolle Bordeaux von großer Statur konnte der Versuchung beim 2018er nicht widerstehen und extrahierte wohl zu viel. Den fast schwarzen Wein überlagern die mächtigen Tannine, die den Mund im Abgang vollständig austrocknen. Dabei gefällt die reife, süße, schwarze Kirschfrucht sehr, aber das Attribut "besser als 1961" können wir nicht nachvollziehen. Wir haben den 1961er aber auch noch nie verkostet.

Seit letztem Jahr haben wir auch das wunderbare Château Talbot mit in unser Programm aufgenommen und wurden wieder in keiner Weise enttäuscht. Der Talbot 2018 ist ein sehr ausgewogener Wein mit schöner Balance von Frucht, Tanninen und Säure. Er wirkt frisch, harmonisch und zeigt einen sehr feinen Abgang ohne trockene Tannine.


Margaux



Unser Wein des Jahrgangs 2018: Château Palmer. Einer der ganz wenigen Weine, die bei aller Klasse auch eine emotionale Dimension haben.

Einige Kilometer im Süden von St.-Julien liegt die Appellation Margaux, die oft über ein spezielles Mikroklima verfügt. In 2018 jedoch zeigte das Wetter keine Unterschiede zu den nördlichen Appellationen. Unsere Verkostungen in Margaux begannen bei Château Palmer, dem vielleicht konstantesten Weingut auf höchstem Niveau. Palmer verlor in 2018 rund drei Viertel der Ernte. Der verbliebene Rest war jedoch derart gut, dass man 90% davon im Grand Vin verwendete und auf den Zweitwein Alter Ego verzichtete. Der Palmer 2018 ist schlicht hinreißend. Das beginnt mit den dezenten Schokoladennoten in der Nase und im Abgang und reicht über einer herrlichen, saftigen, am Gaumen regelrecht aufblühenden, druckvollen und doch stets eleganten Frucht bis in den eindrucksvollen, endlos langen Abgang mit Schokolade und frischer Kirsche. Auch wenn er nicht an den legendären Palmer 2015 herankommt, ist das ganz klar unser weinrouten Bordeaux 2018 Wein des Jahres.

Daran ändert auch der große Nachbar Château Margaux nichts mehr. Auch dieser Wein brilliert mit Klasse, technischer Perfektion und seiner Margaux-typischen Tiefe und Komplexität. Ein intellektueller Wein von großer Statur mit einem schlicht spektakulären Abgang, der nicht mehr aufhören möchte zu betören. Dennoch fehlt irgendwie die unerklärliche, emotionale Dimension der ganz großen Margaux Jahrgänge.

Den Abschluss unserer Verkostungen im Médoc bildete das Château Brane-Cantenac, das mit der Terrasse 4 über eine der legendären, ganz große Parzellen in Bordeaux verfügt. Leider kann der Brane-Cantenac 2018 nicht an den großen Erfolg aus 2017 anknüpfen. Der Wein bleibt trotz saftiger Frucht und seidiger Tannine immer einen Tick zu stark säurebetont.


Linkes Ufer - Pessac-Léognan



Ein Drittel der Ernte verloren, aber dafür so gut: Château Smith Haut Lafitte 2018. Und diesmal sogar besser als der Weißwein - das will etwas heißen!

Wie bereits dargestellt waren die Wetterbedingungen in 2018 im gesamten Bordelais weitgehend homogen. Dennoch lagen in Pessac, rund 50 km landeinwärts, die Tanninwerte zwar am oberen Rand, neue Rekordwerte konnten wir aber nicht verzeichnen. Die Böden hier ähneln denen im Médoc und auch die Rebsortenverteilung ist auf der Seite der Cabernets. Genügend Gründe, diese südlich der Stadt Bordeaux gelegene Appellation dem "linken Ufer" zuzuordnen.

Qualitätsführer und als Premier Cru unangefochten an der Spitze ist das Geschwister-Weingut Château Haut Brion und Château La Mission Haut Brion. Regelmäßig produziert dieses Ausnahmegut die absolute Referenz für den Jahrgang. Auch die 2018er Weine sind von sehr guter Qualität, die Referenz bilden sie diesmal nicht. Der Haut Brion 2018 zeigt verführerische Aromen von Kirsche, Cassis und Schokolade. Am Gaumen wirkt er aber noch verschlossen. Der Abgang mit Druck und Kraft kann die hohe Tanninkonzentration nicht verbergen. Ähnlich verschlossen gibt sich der La Mission Haut Brion, ein Wein von unglaublicher Kraft und Dichte. Der Abgang chargiert zwischen mineralischer Säure und saftiger Frucht, hat aber seine optimale Balance noch nicht gefunden.

In diesem Jahrgang eine Stufe besser präsentiert sich der großartige Château Smith Haut Lafitte. Der Ertrag dies tollen Rotweins lag um ein Drittel niedriger als gewöhnlich. Schon seine Schokoladennase verführt enorm. Dazu kommt eine feine, süße Kirschfrucht, überzogen mit Kakaopulver. Das alles verpackt in eine dichte, druckvolle und cremige Textur mit seidenweichen Tanninen. Kraft und Eleganz bis in den langen Abgang hinterlassen mächtig Eindruck. Ein sehr gut gelungener SHL mit großem Potenzial und wieder einmal ein Jahrgang, in dem der Rotwein des Hauses den Weißwein hinter sich läßt. Nicht so erfolgreich war die Jahrgangsinterpretation des derzeit immer mehr gehypten Château Haut-Bailly, das in 2017 von dem verheerenden Frost sehr hart getroffen wurde. Mit 14,6% Alkohol wurde beim 2018er eine neue Rekordmarke erreicht. Schon in der Nase mischen sich in das kräftige Kirscharoma alkoholische Noten und Lakritz. Am Gaumen dann überraschend wenig Druck und Frucht, im Abgang starke Tannine, die eine ausreichende Fruchtsüße vermissen lassen.


Rechtes Ufer - Saint-Émilion



Cabernet Franc war Trumpf in 2018, auch in St.-Émilion. Ergebnis: ein Ausone 2018 von großer Klasse.

Auch die berühmte Appellation Saint-Émilion konnte sich dem extremen Wetter nicht entziehen. Allerdings gibt es hier einige wichtige Weine mit hohen Anteilen an Cabernet Franc, die ein sehr hohes Niveau erreichten. Bestes Beispiel hierfür ist der ausgezeichnete Château Ausone 2018. In der Nase ganz feine Kirscharomen, am Gaumen ein Wein von großer Tiefe und Komplexität mit eindrucksvoller Eleganz. Der mehrstufige Abgang zeigt die ganze Klasse der 60% Cabernet Franc in diesem großen Wein. Ausone ist speziell und in seiner oft kantigen Komplexität alles andere als ein Spaßwein. Der 2018er ist einer der besten Ausone Jahrgänge der letzten Jahre.

Üblicherweise mit an der Spitze ist das berühmte Château Cheval Blanc. In 2017 vom Frost mit am schlimmsten getroffen freute man sich sichtlich über einen mehr als gelungen Jahrgang 2018. Mit stolzen 14,5 % Alkohol, in die Cabernet Franc typische Schokolade verpackt, kraftvoll und elegant am Gaumen und mit einem langen, saftigen Abgang versehen macht der Wein mächtig Eindruck. Ein gradliniger, großer Bordeaux ohne trockene Tannine und störende Parfümnoten, toll. In unmittelbarer Nähe liegt Château Figeac, nach vielen internen Veränderungen einer der meist beachteten Aufsteiger der letzten 3-5 Jahre. Der imposante Neubau des Kellers zeugt von der Rückkehr dieses historischen Weinguts zu alter Klasse und natürlich strebt man den Lückenschluss zu den höchst klassifizierten Gewächsen der "Classé A" an. Während der Bauphase wurde extra eine temporäre Kellerei erworben und das Ergebnis rechtfertigt den hohen Aufwand. Der Figeac 2018 ist ein herausragender Wein mit reifen, süßen Früchten, einer verblüffenden Transparenz und Eleganz trotz aller Kraft und Dichte. Alles ist hier auf eine präzise Frucht ausgelegt.

Am südlichen Ende von St.-Émilion, hoch oben auf dem Mondot-Hügel befindet sich eine weitere markante Großbaustelle. Das kürzlich von einer Versicherung aufgekaufte Château Troplong-Mondot hat mittlerweile alle alten Wirtschaftsgebäude abgerissen und baut komplett neu auf. Auch hier scheute man keinen Aufwand, um dem 2018er Jahrgang die bestmögliche Vinifizierung zu sichern. Das Ergebnis ist verblüffend, einmal weil sich der Weinstil komplett geändert hat und zum anderen weil man einen großartigen 2018er Jahrgang in die Flaschen gezaubert hat. Vorbei sind die marmeladigen, extrahierten Powerweine. Heute zeigen die Weine pure Eleganz, Leichtigkeit und Frische und bilden das Terroir transparent ab. Schon die völlig klare, transparente Farbe überrascht. Das Bukett wird von einer intensiven, klaren Kirsche dominiert, die von einer schönen Säure durch den Gaumen in einen reintönigen Kirschabgang getragen wird. Das hat nichts mehr mit dem alten Troplong-Mondot "Sex & Rock'n Roll" zu tun. Vielleicht ist das auch schade.

Ganz in der Nähe von Saint-Émilion liegt Château Canon, ebenfalls ein klarer Aufsteiger in den letzten Jahren. Die mächtigen Investitionen des zum Imperium der Fashion-Familie Wertheimer gehörenden Châteaus zahlen sich immer mehr aus. Der Canon 18 war der erste Wein dieser Primeurs, der deutliche Erdbeeraromen zeigte. Ein großartiger Canon mit intensiven, reifen Fruchtaromen, ausgeprägten aber delikaten Tanninen und viel Druck am Gaumen. Im Abgang wieder Schokolade, Länge und gute Frucht. Aber die ganz große Show bleibt der Canon hier schuldig. Noch näher an Saint-Émilion liegt das extrem besucherfreundliche Château Soutard, das regelmäßig eine ausgezeichnete Qualität bei sehr fairem Preisniveau vorlegt. Auch dieses Mal ist der 2018er ein sehr feiner Wein mit enorm Kraft, schwarzen, reifen Früchten und Schokolade. Der Abgang ist saftig mit deutlicher, aber geschliffener Säure. So einen feinen Wein hätte manches höher klassifizierte Château gerne gemacht.

Ja, wir geben es zu: wir sind große Fans von Tertre Rôteboeuf. In vielen Jahrgängen setzt François Mitjavile den Referenzpunkt am rechten Ufer mit seinen fruchtbetonten und gehaltvollen aber dennoch elegant-frischen Weinen. In 2018 aber ist irgend etwas anders, der Wein fällt schlicht aus dem Rahmen. In der stumpf wirkenden Nase Pflaumen, am Gaumen eine derart hohe Dichte, Konzentration und Aromen von getrockneten Früchten, dass man den Wein fast nicht mehr spürt. Für uns des Guten zu viel.


Rechtes Ufer - Pomerol



Am Le Pin 2018 führt kein Weg vorbei. Ein ganz großer Jahrgang, aber nicht im klassischen Le Pin Stil.

Pomerol, obwohl die kleinste aller Appellationen, ist gespickt mit großen Namen und auch großen Weinen. Und das gilt auch für den Jahrgang 2018. Fangen wir ganz oben mit Le Pin an. Obwohl 100% Merlot in einem Cabernet Jahrgang eine Herausforderung sein sollte verblüfft der Le Pin mit seinen außerordentlichen Qualitäten. In der Nase eine ultrafeine, süß-reife Kirsche, am Gaumen ein tolles Spektakel an mächtiger Frucht, schierer Kraft und doch grandioser, vielschichtiger Eleganz. Nein, das ist nicht die Essenz von Le Pin, aber dafür ein ganz großer Bordeaux, der von der Kraft, Konzentration und Reife des Jahrgangs perfekt profitiert. Umwerfend schön!

Nicht weit entfernt liegt Château Lafleur, ebenfalls berühmt für seine ultraeleganten Weine mit etwas mehr Grip und Dichte als Le Pin. Und der Lafleur 2018 wird allen Erwartungen gerecht. Wieder herausragende, seidenweiche Eleganz, aufgeladen mit Kraft, Druck und knackiger Frucht. Der Abgang begeistert mit Frische, enormer Saftigkeit und einer fast nicht erfassbaren Komplexität und Länge. Das ist der ganz große Lafleur-Stil, der den Verkoster in seinen Bann schlägt und zu äußerster Konzentration zwingt. Die Dimension des Abgangs ist einfach nur spektakulär. Und wenn man unbedingt etwas kritisieren muss, dann könnte sich in der Mitte am Gaumen der Wein noch stärker öffnen (wie z.B. der Lafleur 2014). Groß!

Nicht weit entfernt liegt Vieux Château Certan, ein weiterer beständiger Anwärter auf den Titel des Wein des Jahres. Und auch hier wird die Erwartung mehr als erfüllt, der VCC 2018 ist von kristallklarer Präzision. Vielleicht einen Tick weniger saftig als gewöhnlich, dafür mit mehr Kraft ausgestattet brilliert er mit dunklen Früchten, die mit Kakaopulver überzogen sind. Der ultralange Abgang ist einfach spektakulär und zeigt wieder etwas Schokolade. Ein toller Wein, der allerdings im eigenen Hause aus anderen Jahrgängen sehr scharfe Konkurrenz hat. Das ist aber Kritik auf höchstem Niveau.

Nach dem in 2017 wetterbedingt sehr speziellen Wein von Château L'Evangile waren wir auf den neuen 2018er sehr gespannt. Dabei geht es immer um die Frage, ob das Geschwistergut, Château Lafite in Pauillac, oder eben L'Evangile besser mit dem Jahrgang zurecht gekommen ist. Und 2018 geht nach unserer Meinung wieder einmal an L'Evangile in Pomerol, ein Fotofinish. Eine tolle Säure verschafft dem Wein eine für den Jahrgang verblüffende Frische und bei aller mächtigen Frucht herrliche Eleganz. Hier wurde extrem sorgsam und schonend extrahiert und das Ergebnis ist ein großer Pomerol. Nachbar Château La Conseillante präsentierte eine noch etwas konzentriertere Version, allerdings ohne zu übertreiben. Der fast schwarze, mächtige Wein zeigt bis in den Abgang eine hohe Intensität mit guter Säurestruktur und ausreichend Frische.