Bordeaux Jahrgang 2022


Jahrgangsbewertung 5 Sterne von 5

The revenge of the Merlot

Witterung und Vegetationsverlauf in 2022


Der alles bestimmende Faktor beim Wetter waren die scheinbar endlosen Hitzewellen von Juni bis in den September und die beispiellose Trockenheit in Europa und hier insbesondere in Südeuropa. Scharfe Wasserrationierungen in vielen Regionen gaben einen bitteren Vorgeschmack auf die kommenden Auswirkungen der laufenden Klimaveränderungen. Kann man sich über einen verbrannten Rasen noch ärgern, so wird es für die Landwirtschaft oft existenziell. Ein Szenario wie in 2022 war aber in einem Menschenleben ohne Beispiel. So fehlte bereits im Frühjahr der Regen, der die Wasserspeicher hätte auffüllen können. Und bis in Herbst blieb es dabei.

Im Bordelais waren naturgemäß die Weinberge im Vorteil, die über eine ausreichende Lehmunterlage verfügen. Diese Lehmschicht sperrte den Verlust der Restfeuchtigkeit in Boden und erlaubte den Rebstöcken eine fast ungestörte Ausreifung. Vom Austrieb bis zur Ernte lag man über die gesamte Vegetationsphase deutlich vor dem normalen Zeitplan. Um sich vor der Hitze zu schützen blieben die Trauben klein und bildeten dicke Schalen aus. Der hoch konzentrierte Saft konnte aus den Schalen viel Extrakt lösen, der perfekt gereift war.

Was den Jahrgang 2022 so überragend macht ist die seltene Kombination aus Dichte und Konzentration sowie einer optimalen Balance von Frucht, Säure und Tanninen durch die perfekte Reife aller Komponenten zum gleichen Zeitpunkt. Schon kurz nach der Ernte verbreitete sich die Begeisterung über einen Jahrgang mit einer Mostqualität, die "wir noch nie vorher gesehen haben".

Alle Önologen mit denen wir sprachen berichteten über einen vollkommen problemlosen Vegetationsverlauf. Ein normaler, trockener Winter, ein reguläres Frühjahr und ab Mai drei Hitzewellen im Juni, Juli und August mit großer Trockenheit kennzeichnen einen problemlosen Jahrgang ohne Eingriffe im Weinberg. Im Juni regnete es für drei Tage relativ stark, im richtigen Moment. Einziger echter Unterschied zwischen dem linken und dem rechten Ufer war ein ganz leichter Niederschlag von weniger als 10 mm im August im Médoc und teilweise in Pessac, gerade genug, um das Wachstum der Cabernet Sorten in Gang zu halten.

Entgegen großer Sorgen wegen der Trockenheit gab es in 2022 keine Wachstumsblockaden, selbst bis nach der Ernte blieben die Blätter grün und am Stock. Viele Châteaus ernteten so früh wie selten zuvor, für manche war es die früheste Ernte überhaupt. Kleine Beeren mit extrem hoher Fruchtkonzentration und gleichzeitig sehr hohen Tanninwerten legten die Grundlage für einen Traumjahrgang. Praktisch alle Weine des Jahrgangs 2022 die wir verkostet haben zeigten eine sehr tiefe, fast schwarze Farbe. Letztlich entscheidend für die Qualitätsunterschiede waren das Management und die Qualität der mächtigen Tannine.

So gleichmäßig sich der Jahrgang 2022 im Wetterverlauf zeigte, so unterschiedlich sind die Qualitäten der Weine. Es gibt viele gute und sehr gute, einige herausragende Weine und auch vereinzelt schwierige Weine. Tendenziell waren die großen Merlot-Terroirs des rechten Ufers in St-Emilion und Pomerol im Vorteil, wenn man gut kontrolliert extrahierte. Aber gerade hier lagen die Erntemengen meist unter 30hl/ha und damit ziemlich niedrig. Ein Jahrgang zum selektieren und träumen.

Zum ausführlichen Primeurs-Bericht 2022

Die Primeurkampagne 2022


Durch die Verschiebung der Primeurs-Woche in die letzte Aprilwoche ist mit einer verkürzten Zeitspanne bis zur Vermarktung der Weine kommen.

Verfolgen Sie hier alle wichtigen Releases in den kommenden Wochen.

Stand 25. Mai 2023

ausgewählte Preise ex cellar/négoçiant in € ohne MWSt.
- Lafleur (Pomerol) 610.- € (+8%)
- Angélus (St. Emilion) 350.- € (+32%)
- Cheval Blanc (St. Emilion) 470.- € (+21%)
- Léoville Barton (St.-Julien) ca. 64,20 € (+15%)

Durch die Verschiebung der Primeurs-Verkostungswoche um ca. 4 Wochen war im Kalender der Bewerter und der Marktakteure Zeitdruck aufgekommen. Die Primeurs Kampagne startete bereits nur knapp zwei Wochen nach dem Ende der Veranstaltungen mit dem Release von Cheval Blanc und Angélus am 9. Mai. Obwohl die meisten Weinjournalisten ihre Berichte noch gar nicht veröffentlicht hatten war klar, dass beide Weine zu den am höchsten bewerteten Releases zu zählen sind. Mit Preisaufschlägen von bis zu 30% lag man hier weit über 2021, allerdings muss man eine beträchtliche Inflationsrate abziehen und beachten, dass 2021 qualitativ weit hinter 2022 liegt.

Spannend war auch zu verfolgen, wie wichtige Weinjournalisten das Publikum über Social Media über die zu erwartenden Punktevergaben vorab verdeckt informierten. Je mehr Berichte veröffentlicht wurden, desto differenzierter wurde der Jahrgang bewertet. Neben sehr vielen ganz großen Weinen gab es eben auch einige, durchaus sehr prominente, Fehlinterpretationen bei der Ernte, der Verarbeitung oder dem Ausbau der Weine. In 2022 wurden selbst kleinste Fehler in der Präzision unter Umständen hart bestraft.

Es ist davon auszugehen, dass diese Kampagne eine sehr schnelle sein wird, schon gegen Ende Mai kamen sehr viele Notierungen vor allem "kleinerer" Produzenten auf den Markt. Auffällig war auch der frühe Release des superben Château Léoville Barton 2022 zum Preis von 64 € (nette, ex Bordeaux). Ein schlicht sensationelles Preis / Genussverhältnis.

Am 23. Mai fand dann in Singapur die UGCB Vinexpo Asia statt, an der 70 Spitzenproduzenten ihre Weine dem asiatischen Publikum vorstellten. Nach Pfingsten wird die Primeurs Kampagne dann erheblich Fahrt aufnehmen.
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