Bordeaux 2022 Primeur

01. Mai 2023


2022 - the revenge of the merlot




Nach drei Jahren der Pandemie fanden in der letzten Aprilwoche 2023 die en Primeurs Verkostungen des Bordeaux-Jahrgangs 2022 statt. Die Freude der Veranstalter und Châteaus über die persönliche Begegnung nach langen Jahren war überall spürbar. Mit über 6.000 Teilnehmern und der Rückkehr der Gäste aus Asien und Amerika verzeichnete man eine Rekordbeteiligung über das Niveau vor der Pandemie. Für manche Châteaus war der Andrang offensichtlich nicht mehr zu bewältigen und man musste die Einladungen drastisch reduzieren. Die Châteaus Lafite Rothschild und Latour fehlen daher in unserem Bericht.

Die große Freude der Produzenten über die Primeurs lag aber auch daran, dass man einen hervorragenden Jahrgang 2022 präsentieren konnte. Ob es tatsächlich ein weiterer Jahrhundertjahrgang war, werden wir hier natürlich auch beleuchten. Ein fast perfekter Wetterverlauf unter dem Vorzeichen des Klimawandels schuf die Grundlage für die Qualität des Jahrgangs 2022. Einige Önologen verglichen ihn mit dem Jahrgang 2018 oder auch 2003. Was 2022 aber hervorhebt war die Tatsache, dass die Reben trotz der Hitze und der Trockenheit keinen Stress hatten und auch nicht in eine Blockade des Wachstums verfielen. Fast alle Produzenten betonten, dass die Blätter bis lange nach der Ernte gesund und grün blieben. Im Weinberg waren praktisch alle Eingriffe überflüssig. Um die Trauben vor der Hitze zu schützen, verzichtete man sogar auf jegliche Laubarbeit bis zur Ernte.

War der Vegetationsverlauf absolut problemlos und deutlich vor dem durchschnittlichen Jahreszyklus, kam dem richtigen Erntezeitpunkt eine überragende Bedeutung zu. War man hier nur einen Tag zu spät, fehlte die Frische der Säure und der Wein wurde zu fett und marmeladig - was wir übrigens so gut wie nicht feststellten. Noch schwieriger war die Steuerung der Extraktion. Die Tanninmengen lagen wegen der kleinen Beeren und dicken Schalen praktisch überall auf Rekordniveau. Da half auch die perfekte Reife der Tannine nicht, jede Überextraktion wurde mit unangenehmer, sperriger Schärfe im Abgang bestraft. Eine unzureichende Extraktion hingegen bedeutete einen Verlust an Fruchtsüße und Struktur im Wein. Wer hingegen diese Feinsteuerung beherrschte konnte traumhafte Weine mit saftiger, dichter Frucht und einer wundervollen Frische und Balance machen. Dass dieses Szenario Realität würde haben die Winzer selbst lange nicht geglaubt.


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Appellationen
St.-Estèphe
Pauillac
St. Julien
Margaux
Pessac-Léognan
St.-Émilion
Pomerol

Weine aus dem Médoc


Linkes Ufer - Médoc


Bei den Weinen der Top-Appellationen des Médoc war durchaus ein Nord-Süd-Gefälle zu beobachten. Der höhere Cabernet-Anteil im Norden (St.-Estèphe und teilweise Pauillac) führte grundsätzlich zu Weinen mit höherem Tanningehalt. In 2022 konnte das problematisch sein. Hingegen pufferten die Weine mit höherem Merlotgehalt mit ihrem feinen Schmelz und weniger Gerbstoffen dieses Problem. Selbst die renommiertesten Produzenten kamen mit dieser Thematik nicht immer optimal zurecht.


St.-Estèphe



Château Montrose 2022, wieder unter den besten Weinen des Jahrgangs.

Château Calon-Ségur ist das nördlichste, 1855 klassifizierte Château. In den letzten Jahren brillierte man hier mit großen, kantigen und doch wundervoll eleganten Weinen. In 2022 wurde wohl etwas zu stark extrahiert bzw. die Extraktion nicht ausreichend reduziert. Der Abgang zeigt sich sperrig und trocken, trotz einer feinen Säure.

Wie es besser gelingt, demonstrierte Château Montrose mit einem tollen 2022er. Schon die La Dame de Montrose ist ein großartiger Wein mit Eleganz und Finesse. Der Grand Vin legt noch eine Stufe zu an Intensität, Delikatesse und Eleganz. Wann war eigentlich der Montrose das letzte Mal nicht unter den besten Weinen des Jahrgangs? Man kann sich kaum noch erinnern. Die Präzision, mit der hier gearbeitet wird ist außergewöhnlich und extrem konstant.

Die Präsentation bei Château Cos d'Estournel stand etwas im Schatten der jüngst erfolgten Übernahme des Nachbarn Cos Labory. Der Grand Vin folgt dem 2009er als mega-dichter, komplexer und schwerer Wein, der aber immer über die nötige Frische und Balance verfügt. Ein mächtiger Wein für die Geschichtsbücher.


Pauillac



Château Mouton Rothschild 2022, ein großer, wunderbar fruchtbetonter Mouton mit samtiger Eleganz.

Einen der besten Weine des Jahrgangs präsentierte Château Mouton Rothschild. Ein betörend delikater Stoff von feinster Fruchtsüße, Komplexität und unendlicher Eleganz. Der Jahrgang 2022 erinnert sehr an den ebenfalls großen Mouton 2012 mit seiner fast dekadenten Dichte und Fruchtsüße.

Was für ein herausragendes Ergebnis man in 2022 erreichen konnte wenn man alles richtig gemacht hat, zeigt der Wein des Nachbarn von Mouton Rothschild, Château Pontet Canet. Ein archetypischer Pauillac von großer Klasse und Finesse mit herrlicher, frischer und verzaubernd leichter Frucht. In diesem Jahrgang vermutlich ein Sieger in Bezug auf Preis-/Leistung. Ganz groß!

Etwas weiter im Süden von Pauillac liegt Château Lynch Bages, das erstmals einem größeren Publikum seinen riesigen Neubau präsentierte. Im Stil einer pharmazeutischen Fabrik dominiert hier Glas, Stahl und etwas Beton in einem super modernen Gebäude. Der Lynch Bages 2022 ist gut gemacht mit viel Frische und einer sehr schönen Säure. Am Ende fehlt etwas das verführerische Gewicht dieses super reifen Jahrgangs.

Schon fast an der Grenze zu St.-Julien liegen die beiden Pichon-Güter. Der ewige Wettkampf um die beste Qualität beflügelt sowohl Pichon Lalande als auch Pichon Baron auf der anderen Strassenseite - zum größten Vergnügen aller Liebhaber erlesener Bordeauxweine. Das Niveau beider Weingüter scheint kaum noch zu steigern zu sein, beide zählen seit einigen Jahren zu den Referenzen unterhalb der Premier-Crus. Der Château Pichon Lalande 2022 verführt mit intensiven floralen Aromen, gleichzeitig aber auch mächtiger Dichte, Komplexität und Tiefe. Alles an diesem Wein ist groß dimensioniert, auch die Finesse, Frische und Balance.

Nachbar Château Pichon Baron liegt mit seinem tollen 2022er noch weiter auf der Seite der Eleganz und Finesse. Perfekt polierte Tannine lassen den großen Wein in schwereloser Harmonie aufgehen, zu der die hochpräzise, feine Kirscharomatik einfach perfekt passt. Ist das ein Lafite oder ein Pichon Baron? Ein Wein jedenfalls zum Träumen, nicht zum Beeindrucken.


St.-Julien



Ein historischer Erfolg für den Ducru Beaucaillou 2022

Auf dem Weg in die angrenzende Appellation St.-Julien trifft man zuerst auf das Château Léoville Las Cases, dessen Neubau zur Primeurs leider nicht ganz fertig geworden ist. Nach unserer Wahrnehmung tendiert der Wein deutlich zur Überextraktion, ein rundes, weiches und saftig-süßes Gefühl am Gaumen kommt wegen der dominanten, mächtigen Tannine nicht auf. Ob der Las Cases 2022 seine Balance in den kommenden Jahren noch finden wird, ist heute kaum zu entscheiden.

Besser gelang dem Nachbarn Château Léoville Poyferré der Grand Vin. Immer noch dicht und mit kompakten Aromen aufgeladen wirkt er dennoch rund und Dank einer großartigen Säure auch frisch genug. So fährt man exakt an die Grenze der Extraktion heran, ohne die diese zu überschreiten.

Den klar besten Wein der drei Léoville Güter machte in 2022 Château Léoville Barton. Ein super saftiger, feiner und eindrucksvoller Wein, der trotz aller Dichte und Kraft eine wunderbare Finesse und Balance zeigt. Ausgesprochen verführerisch ist übrigens auch der Langoa Barton, ebenfalls sehr, sehr gut. Der Léoville Barton 2022 wird in Bezug auf das beste Preis- / Leistungsverhältnis ein großer Konkurrenz zum Château Pontet-Canet sein.

Bleibt ganz im Süden der Appellation St.-Julien noch das Château Ducru-Beaucaillou, das ebenfalls einen traumhaften Wein präsentieren konnte. Der Bezug zum ähnlichen Jahrgang 2003 ist nicht zufällig, denn auch in sehr heißen Jahr 2003 machte Ducru-Beaucaillou einen historisch guten Wein. Der ungemein frische, betörend leichte und mit einer unwiderstehlichen salzigen Note auftrumpfende Ducru-Beaucaillou 2022 gehört sicher zu den besten Weinen des Jahrgangs.


Margaux



Château Palmer 2022, wieder einmal besser als Nachbar Château Margaux.

Rund 15 Kilometer im Süden von St.-Julien liegt die Appellation Margaux, die oft über ein spezielles Mikroklima und generell einen höheren Anteil an Merlot im Blend verfügt. Im Fall von Château Margaux hat das aber in 2022 wenig geholfen. Der Wein ist überraschend straff, fast hart und im Bukett extrem verschlossen. Der Margaux kommt vor lauter Kraft und Konzentration kaum ins Gleichgewicht. Der Jahrgang 2022 ist eine echte Überraschung für ein für seine traumhaft finessereichen und super vielschichtigen Weine bekanntes Spitzenweingut. Verblüffend, wie trocken der Wein wirkt, obwohl er durchaus saftig-süß ist.

Bleibt in Margaux das Château Palmer, das seit vielen Jahren praktisch immer unter den Jahrgangsbesten liegt - auch in 2022 wieder. Alles an diesem großen Wein ist verführerisch, intensiv, irre delikat und dabei so wunderbar leicht und frisch. Der Abgang ist unfassbar lang und unwiderstehlich. Leider ist die Ernte mit 22 hl/ha fast lächerlich klein. Wie soll man da nur an einige der wenigen Flaschen kommen?


Linkes Ufer - Pessac-Léognan



Château Haut Brion 2022.

Wie bereits dargestellt waren die Wetterbedingungen in 2022 im gesamten Bordelais weitgehend homogen. Allerdings blieb der leichte Regen Mitte August, der im Médoc so wertvoll war, in Pessac-Léognan aus. Durch die Nähe zur Metropole Bordeaux könnte es hier auch noch heißer gewesen sein. Jedenfalls offenbarten sich die Weine aus dieser Appellation als schwierig.

Eigentlich in den vergangenen Jahren immer ein Platz großer Weine, sowohl weiß als auch rot, enttäuschten die beiden Grands Vins des Château Smith Haut Lafite. Der Rotwein wirkte eindimensional, leicht bitter und ohne Schmelz und Saftigkeit bis in den Abgang. An einer Überextraktion kann es eigentlich nicht gelegen haben.

Verblüffend ähnlich gestaltete sich die Problematik bei Château Haut Brion und Château La Mission Haut Brion, beide Premier Crus über jeden Zweifel erhaben und immer unter den besten Weinen des Jahrgangs. Kraft, Spannung und Struktur sind bei den 2022er Weinen gut ausgebildet, was fehlt ist eine feine Saftigkeit, Schmelz und Frucht. Eine gute Erklärung für dieses Phänomen haben wir nicht gefunden. Naheliegend wäre eine Auszehrung der Trauben durch die Hitze.


Rechtes Ufer - Saint-Émilion



Château Cheval Blanc 2022, ein Meisterwerk aus samtiger Textur und Harmonie, gepaart mit feinster, saftiger Frucht.

Das sog. Rechte Ufer mit den Appellationen St.-Emilion und Pomerol ist die Region der großen, weltbesten Merlotweine. Und der Merlot fand in 2002 praktisch ideale Bedingungen vor. Er reift früher und enthält genetisch bedingt weniger Gerbstoffe / Tannine. So gut wie alle von uns verkosteten Weine vom rechten Ufer der Gironde waren groß.

Beginnen wir unsere Reise mit der Qualitätsspitze in St.-Emilion, den beiden "alten" Grand Cru Classé A Weingütern Ausone und Cheval Blanc, die ihre Bewerbung zur Verlängerung dieses Status zurückgezogen hatten. Ihre 2022er Weine belegen jedoch mit Nachdruck, dass sie immer noch ganz oben stehen. Der Château Ausone 2022 gehört ohne Frage zu den größten Weinen der jüngsten Vergangenheit dieses prestigeträchtigen Weinguts. Faszinierend ist die grandiose Balance aus feinster Säure und perfekt dosierter schwarzer Frucht. Doch unter dieser unangestrengten Fassade schlummert feinster Fruchtsirup von enormer Komplexität und Dichte.

Etwas mehr florale Aromen charakterisieren den ebenfalls herausragenden Château Cheval Blanc 2022. Die Trauben waren durchweg so gut, dass 41 der 43 Parzellen für den Grand Vin verwendet wurden. Auch hier brilliert die Integration der Säure in einem Meisterwerk aus samtiger Textur und Harmonie, gepaart mit feinster, saftiger Frucht. Der herrlich süße und so unglaublich delikate Abgang endet, so typisch, mit feinstem Rosenduft.

Gerade erst in die höchste Liga aufgestiegen ist Château Figeac - und man ist darauf mächtig stolz. Wie viele Jahrzehnte hat man auf diesen Moment gewartet! Das neu gebaute Weingut ist fertig und bietet vom Verkostungsraum eine verglaste Sicht auf die riesige Fermentationshalle. Alles an diesem Figeac 2022, dem zweiten Jahrgang, der im neuen Weingut vinifiziert wurde, ist rund, samtweich und perfekt integriert. Die ganze Kraft der süßen Frucht und der aromatischen Komplexität ist im Moment noch gar nicht ganz zu erfassen. Was für ein 1. Jahrgang als Grand Cru Classé A!

Komplett neu gebaut wurde auch das Château Troplong Mondot auf dem südlichen Kiesplateau von St.-Emilion. Die deutlich verbesserte Präzision bei der Vinifikation von 42 Parzellen anstatt früher 20 offenbart sich unmittelbar im Grand Vin. Die 90% Merlot im Blend sorgen für eine regelrecht wollüstig-süße Attacke am Gaumen, geschliffen rund und mit herrlicher Frische. Irgendwie erinnert dieser große Jahrgang an den 2016er Troplong Mondot, den vielleicht besten Jahrgang des "alten Weinguts".

Nicht weit entfernt von Troplong Mondot liegt die Wirkungsstätte der Familie Mitjavile. Ja richtig, die nächste Generation ist mittlerweile bei Tertre Rôteboeuf eingestiegen. Man hätte ja vermuten können, dass dieser hoch konzentrierte Jahrgang für den Meister der fruchtbetonten Weine zu viel des Guten bedeutete. Das Gegenteil ist der Fall: der Tertre Rôteboeuf 2022 ist ein Wein von erstaunlicher Frische und Leichtigkeit und auch nicht zu süß. Niemand kann Jahrgänge derart präzise lesen und interpretieren wie François Mitjavile! Ein toller Wein bei dem im Abgang die Frucht am Gaumen förmlich kleben bleibt.

Le Dôme ist in St.-Emilion ein relativ neues Projekt und bereits ein weit anerkannter Erfolg geworden. Niemand geringerer als Sir Norman Foster hat das neue, spektakuläre Weingut in kreisrunder Holzbauweise entworfen. Das Fensterband im 1. Stock eröffnet hier grandiose Ausblicke auf die umliegenden berühmten Weinbergslagen. Wir kennen zwar die Weine von Le Dôme schon länger, waren in diesem Jahr aber das erste Mal im neuen Weingut. Der Blend aus 80% Merlot und 20% Cabernet Franc ist einer der wenigen Weine des Jahrgangs mit Schokoladenaromen. Die schiere Power wird durch eine ebenso kraftvolle Säure eingefangen. Ein Vollblut-Bordeaux mit dem notwendigen Schuss Würze.


Rechtes Ufer - Pomerol



Am Le Pin 2022 führt kein Weg vorbei. Ein ganz großer Jahrgang und unser Bordeaux-Wein des Jahres 2022.

Trotz der geradezu winzigen Rebfläche von nur 750 ha bringt Pomerol einige der größten Weine der Welt hervor (Petrus, Le Pin, Lafleur, VCC). Gerade Merlot findet auf der Welt wenig vergleichbar gute Voraussetzungen. Die beiden besten Weine des Jahrgangs stammen dann auch tatsächlich aus Pomerol. Unangefochten vorne liegt Le Pin mit einem Traumwein aus herrlichen Aromen von frischen Frühlingsblumen, einer brillanten saftig-süßen dunklen Frucht und einem endlos langen Abgang von zarten Veilchen und süßen Brombeeren. Ein derart konzentrierter und reifer Jahrgang katapultiert den Le Pin 2022 auf eine neue Umlaufbahn aus vollendeter Delikatesse und Finesse. Ein Wein in einer Liga für sich.

Prominenter Nachbar von Pétrus ist das Château Lafleur. Beide Weingüter kennzeichnet eine gewisse Anomalie der Böden mitten in Pomerol, weswegen die Weine von Pétrus und Lafleur auch eine Alleinstellung genießen. Super teuer und kaum zu bekommen sind beide, alleine einen solchen Wein verkosten zu dürfen ist ein großes Privileg. Auch der Lafleur 2022 überrascht mit einer deutlichen Schokoladennote, Kirschen und etwas Alkohol - eben die berühmte Mischung. Die enorme Kraft und Dichte der süßen Frucht ist samtweich eingebunden. Was diesen Wein so einzigartig macht ist eine kräftige salzig-bittere Note, die bis in den langen Abgang ein total faszinierendes Spiel aus Fruchtsüße und jodhaltiger Salzigkeit zelebriert.

Jahr für Jahr ein Klassiker sind auch die Weine von Vieux Château Certan der Perfektionisten Guillaume und Alexandre Thienpont. Was hier Vater und Sohn regelmäßig an Präzision bis ins Detail in die Flasche zaubern ist einfach nur ein Phänomen. Der VCC 2022 ist einer der ganzen wenigen Weine, deren Farbe ein ganz klares Rubinrot ohne jede Trübung zeigt. Vom Antrunk bis in den langen Abgang bleibt der Wein einfach linear ohne Abweichungen. Vollendete Finesse und Eleganz bei feinster, druckvoller Kirsche und Power ohne Ende.

Eine ganze Stufe unter diesem Trio an Spitzenproduzenten hat sich in den letzten Jahren Château La Conseillante eine hohe Reputation erarbeitet. Die Weine sind extraktreich und intensiv, aber sehr gut gemacht. Das trifft auch auf den La Conseillante 2022 zu. Trotz der mächtigen Kraft am Gaumen bleibt der Wein frisch und elegant mit feiner Säure. Im intensiven Abgang verschafft eine deutlich würzige Note eine willkommene Erleichterung. Ein Powerhouse ohne extreme Übertreibungen.

Nachbar von La Conseillante ist das Château L'Evangile, das zu Lafite Rothschild gehört. Die Reife und Kraft der Sonne in 2022 kann der Wein nicht verleugnen und auch nicht ganz wegstecken. Ein sehr solider Wein, aber ohne echte Höhepunkte.



Zusammenfassung

  • Ja, 2022 ist ein herausragender Jahrgang. In fünf Jahren der vierte, Klimawandel sei Dank.

  • Das Wetter war heiß, trocken, stabil und mit gerade genug Regen um das Wachstum nicht zu stoppen. Einfach perfekt.

  • Große Weine gab es in praktisch allen Appellationen mit Vorteil für das rechte Ufer.

  • Alle klassischen Rebsorten konnten optimal ausreifen. Wegen der hohen Extraktwerte waren die gerbstoffreichen Cabernetsorten schwieriger zu vinifizieren. Vorteil für Blends mit hohen Anteilen an Merlot.

  • Trotz optimaler Wetterbedingungen zeigen sich die Weine oft sehr unterschiedlich. War die Arbeit im Weinberg einfach und überschaubar, kam es bei der Fermentation und beim Ausbau im Keller auf jedes noch so kleine Detail an.

  • Unser weinrouten Bordeaux des Jahrgangs 2022 ist eindeutig Le Pin gefolgt von Lafleur, Cheval Blanc und Palmer.

  • 2022, ein Jahrhundert-Jahrgang? Für uns nicht. Der Maßstab der jüngeren Geschichte bleiben 2010, 2016 und 2019.

  • Muss / sollte man subskribieren? Ja, die guten Weine in allen Preiskategorien unbedingt.