Bordeaux 2016 Primeur

12. März 2017


2016 - WHO WOULD HAVE BELIEVED IT?




Weitere Links zu diesem Thema


zur Jahrgangsbeschreibung 2016


Verkostungsnotizen Linkes Ufer / Médoc / Pessac


- Château Lafite Rothschild (100) - release 455.- € (+8%)
- Château Haut Brion (100) - release 420.- € (+9%)
- Château La Mission Haut Brion (99-100) - release 336.- € (+12%)
- Château Montrose (99-100) - release 102.- € (+0%)
- Château Mouton Rothschild (99-100) - release 420.- € (+9%)
- Château Léoville Las Cases (98-100) - release 180.- € (+30%)
- Château Cos d`Estournel (97-99) - release 120.- € (+0%)
- Château Latour (97-99) - keine Subskription
- Château Pichon Lalande (97-99) - release 120.- € (+25%)
- Château Smit Haut Lafitte (97-99) - release 76,80 € (+28%)
- Château Pichon Baron (96-98) - release 114.- € (+19%)
- Château Brane-Cantenac (96-98) - release 51,60 € (+16%)
- Château Calon Ségur (95-97) - release 62,40 € (+18%)
- Château Margaux (94-96) - release 420.- € (+9%)
- Château Palmer (93-95) - release 240.- € (+15%)
- Château Pontet Canet (93-96 ?) - release 108.- € (+64%)
- Château Rauzan-Ségla (92-94) - release 60.- € (+19%)
- Château Ducru Beaucaillou (91-93) - release 139,20 € (+16%)

Verkostungsnotizen Rechtes Ufer / Pomerol / St.-Emilion


- Vieux Château Certan (100) - release 192.- € (+28%)
- Château Cheval Blanc (98-100) - release 540.- € (+2%)
- Tertre Rà´teboeuf (98-100) - release 116.- €
- Château Figeac (97-99+) - release 150.- € (+47%)
- Château Troplong Mondot (97-99+) - release 102.- € (+23%)
- Château Lafleur (97-99) – 1. Tranche release 420.- € (+0%)
- Clos Fourtet (96-98) - release 82,80 € (+24%)
- Château La Conseillante (96-98) - release 150.- € (+33%)
- Château Le Pin (95-97)
- Château Canon (95-97) - release 72.- € (+20%)
- Le Petit Cheval (93-95) - release 120.- €
- Château L`Évangile (90-93) - release 180.- € (+20%)
- Château Ausone (90-93) - release 588.- € (+9%)

Verkostungsnotizen Weißweine


- Château d`Yquem (96-98)
- Château Smith Haut Lafitte Blanc (95-97)



21. Juni 2017


Die Primeurskampagne geht mit dem Beginn der VinExpo-Messe in Bordeaux zu Ende. Wie immer kommen die größten Preissteigerungen zum Schluss mit Aufschlägen von sogar bis über 50%. Betroffen von den starken Steigerungen sind u.a. die Weine von Pontet Canet, Figeac, VCC, Las Cases oder La Conseillante. Ohne Frage sind bis auf Pontet Canet hier außerordentlich große Weine auch im historischen Kontext gelungen und die Châteaus orientieren sich am Jahrgang 2010. Es scheint so zu sein, dass die Kampagne gut läuft, was auf die massive Verknappung der angebotenen Weine zurückzuführen ist. Die Nachfrage dürfte insgesamt eher verhalten sein.

Fazit: ein großer und damit erwartungsgemäß auch teurer Jahrgang mit kleinen Releasequoten. Auch so kann man sich aus der Subskription zurückziehen ohne großes Aufsehen zu erregen.


01. Juni 2017


Mittlerweile sind viele Preise der wichtigsten Weine bekanntgegeben worden. Die Preiserhöhung bewegen sich weiter zwischen 8% und in der Spitze für die besonders erfolgreichen Weine bis über 20%. Vor allem für die britischen Käufer bedeutet das eine saftige Preissteigerung. Die Premiers rufen einen Preis von 420.- € aus, 9% über 2015. Der Preis ist hoch, liegt aber noch weit unter dem von 2010 (600.- €Â für die 1. Tranche). Sicher ist hier auch ein gewisses Entgegenkommen für den sehr wichtigen Londoner Bordeauxmarkt im Spiel. Troplong Mondot weiß um die herausragende Qualität des 2016er und verlangt 102.- €, der höchste Preis bislang und teurer als 2010 (98.- €). Auch Calon Ségur, ein weiterer toller Wein, liegt mit 62.- € erstmals über der 60.- € Grenze. Angélus und Pavie stossen mit 294.- € (+17%) offenbar gezielt in ganz neue Preisregionen vor und nutzen somit die Hochstufung in die Grands Cru Classé A Kategorie. Deutlich bescheidener bleibt man bei Château Canon mit 72.- € für den herausragenden 2016er.

ausgewählte Preise ex cellar in € ohne MWSt.
- Lafite Rothschild (Pauillac) 455.- € (+8%)
- Mouton Rothschild (Pauillac) 420.- € (+9%)
- Haut Brion (Pessac) 420.- € (+9%)
- La Mission Haut Brion (Pessac) 336.- € (+12%)
- Lynch Bages (Pauillac) 96.- € (+14%)
- Calon Ségur (St.-Estèphe) 62,40 € (+18%)
- Angélus (St.-Émilion) 294.- € (+17%)
- Pavie (St.-Émilion) 294.- € (+17%)
- Troplong Mondot (St.-Émilion) 102.- € (+23%)
- Canon (St.-Émilion) 72.- € (+20%)


19. Mai 2017


Mittlerweile sind alle relevanten Kritikerbewertungen veröffentlicht und es ist Konsens, dass 2016 ein großer Jahrgang ist. Damit ist die Saison der Preis-Releases eröffnet und Cos d`Estournel preschte gleich mal vor mit 120.- €, d.h. ohne Aufpreis ex cellar gegenüber 2015. Viele kleinere Châteaus und Zweitweine bedeutenderer Häuser folgten mit ihren Preisen mit moderaten Aufschlägen um die 10% gegenüber 2015. Erstaunlich war der Preisaufruf von Château Palmer. Mit 240.- € netto verlangt das Château den höchsten Preis für einen neuen Jahrgang. In Bordeaux ist man sichtlich bemüht, den Markt nicht mit zu vielen Offerten gleichzeitig zu überfordern. Oftmals dauert es eben einen oder zwei Tage, bis die Menge abverkauft ist.

ausgewählte Preise ex cellar in € ohne MWSt.
- Lafleur (Pomerol) ca. 420.- € (+14%)
- Carruades Lafite (Pauillac) 135.- € (+12%)
- Montrose (St. Estèphe) 102.- € (+0%)
- Pape Clément (Graves) 66.- € (+12%)
- Bellevue Mondotte (St. Émilion) 96.- € (+6%)
- Pavie Decesse (St. Émilion) 115.- € (+6%)
- Talbot (St. Julien) 42.- € (+9%)
- Clos Marquis (St. Julien) 39,60.- € (+10%)
- Branaire Ducru (St. Julien) 39,60.- € (+6%)
- Batailley (Pauillac) 34.- € (+6%)
- Armailhac (Pauillac) 32,40 € (+12%)
- La Lagune (St. Julien) 35,40.- € (+9%)
- Palmer (Margaux) 240.- € (+14%)
- Alter Ego, Palmer (Margaux) 49.- € (+11%)
- Duhart Milon (Pauillac) 55.- € (+9%)
- Clerc Milon (Pauillac) 50,40 € (+17%)
- Cos d`Estournel (St. Estèphe) 120.- € (+0%)


08. April 2017


Die Primeurwoche ist zu Ende gegangen. Seit Jahren wieder schien die gesamte erste Aprilwoche die Sonne bei knapp 20°C, der Besucherandrang war stark wie lange nicht mehr und die Stimmung der hohen Weinqualität entsprechend sehr gelöst. Die Produzenten präsentierten einen Jahrgang, der ihnen alle Kraft und allen Einsatz abverlangt hatte. Erst mussten sie die Reben vor der massiven Nässe im Frühjahr schützen und dann setzte am 23. Juni eine Trocken- und Hitzeperiode ein, die in dieser Region ohne Beispiel war. Da Wässerung verboten ist, kämpften die Weinbergsteams buchstäblich um jede Pflanze, vor allem jüngere Stöcke warfen erst die Blätter ab und gaben trotzdem später auf. Mit teilweise radikaler Laubarbeit versuchte man entgegenzuwirken. Schon hatten viele die Hoffnung aufgegeben, da regnete es im September kurz und stark - nur eine Woche später und es hätte nichts mehr genützt. Und noch wichtiger: es kühlte ab und blieb trocken und sonnig bis in den November hinein. Ein Wunder! Die wegen der Trockenheit kleinen Beeren konnte perfekt und lange ausreifen. Ein Produzent nannte dies "deep ripeness" anstelle "full ripeness". Man hörte das Wort "best ever" auf den Château wirklich nicht gerne, aber einige Weingüter konnten den besten Wein seit vielen Jahrzehnten ernten, bei guten Mengen. WHO WOULD HAVE BELIEVED IT?


Der Rote Teppich ist ausgelegt für einen großen Bordeaux-Jahrgang 2016. Begleiten Sie uns in die Welt der Weine der erlesensten Châteaus (im Foto das herrliche Château Smith Haut Lafitte).

Der eigentümliche Wetterverlauf sorgte dafür, dass die kleinen Trauben langsam und bei besten Bedingungen ausreifen konnten. Die dicken Schalen entwickelten Tannine in ungekannter Konzentration bei gleichzeitig hohen Säurewerten, was den Weinen eine verführerische Frische verlieh. Wer über ein Terroir verfügte, das durch seine lehmhaltigen Böden noch Wasserreste speichern konnte, hatte Glück: auch die Fruchtsüße wurde perfekt ausgebildet. Da gleichzeitig die meisten Alkoholwerte eher niedrig lagen (meist unter 14%) war die Grundlage für herausragende Weine mit Frische, süßer Frucht und seidenweichen, reifen Tanninen gelegt. Dort, wo die Reben die Torturen des Wetters nicht gut überstanden hatten, dominierten die Gerbstoffe insbesondere den Abgang. Die Weine wirkten flach, spröde und trocken. Der Jahrgang hat somit das Terroir der Appellationen und der Subzonen auf fast brutale Weise offengelegt. Ein Produzent erzählte, dass die Universität Bordeaux ihre Studenten explizit zur Erkundung dieses Terroir-/Wetterzusammenhangs in die Appellationen zu systematischen Verkostungen führte. Nicht vergessen sollte man auch, dass das Jahr 2016 den Produzenten viele Optionen zur Entscheidung offenlies, insbesondere in der Weinbergsarbeit. Auch die Lesezeitpunkte konnten über einen langen Zeitraum frei gewählt werden. Die Transparenz des Jahrgangs geht daher über das Terroir hinaus und umfasst den Stil der Produzenten.

Es bleibt ein sehr heterogener Eindruck, was nicht überrascht, da auch im Bordelais die Bodenverhältnisse auf kleinstem Raum ganz anders sein können. Reine Kiesböden mit sehr gutem Wasserabzug waren zwar im Frühjahr beim Regen im Vorteil, im trockenen Sommer waren sie deutlich benachteiligt. So gab es insbesondere im südlichen Pauillac bis hinunter nach Margaux einige Weine, die dem hohen Jahrgangsniveau keinesfalls entsprechen und auch Premier Crus waren davor nicht gefeit. Trotzdem bleibt ein sehr hohes Qualitätsniveau in den übrigen Appellationen, was dem Jahrgang einen Platz unter den besten Jahrgängen sichert. Immer wieder wurde der Vergleich mit 2010 zitiert, auch von den Produzenten. Von einem Jahrhundertjahrgang sprach aber niemand und wir schließen uns dieser Meinung an.

Noch eine Anmerkung zur Verkostung: Primeurproben sind Fassmuster und als solche sehr instabil. Ist ein Muster frisch, kann es groß sein, ist es ein paar Stunden alt, vielleicht nicht mehr. Ein Produzent merkte an, er habe seine Primeurprobe über den Vormittag beobachtet und der Wein hätte sich deutlich entwickelt - zum Nachteil. Wir können nur berichten, dass wir verkosten durften und auch insofern ist ein Urteil eine Momentaufnahme eines Naturproduktes, das noch ganz am Anfang seines Lebens steht und eigentlich noch gar nicht richtig fertig ist. Ein bekannter Chef de Cave bemerkte, dass Verkostungen so früh eigentlich noch nicht möglich seien, holte je eine Flasche von 2014 (abgefüllt) und 2015 (aus dem Barrique) zur Referenz und wir waren sprachlos, als wir das Ergebnis mit unseren Notizen aus den Vorjahren verglichen. Wer sich für seine Einkäufe Empfehlungen holen möchte, sollte möglichst viele Kommentare unterschiedlicher Bewerter lesen, zumeist ergibt sich in der Tendenz doch ein klares Bild. Einem Einzelnen zu vertrauen wäre in jedem Fall sehr riskant. weinrouten hat sich von Punkten verabschiedet und vergibt 1-5 Sterne, da wir von diesem System nicht überzeugt sind. Hier machen wir eine Ausnahme, da wir praktisch nur Spitzen-Château verkostet haben und sonst nicht mehr ausreichend differenzieren können. Wenn Sie zu den einzelnen Weinbeschreibungen wechseln, finden Sie wie gewohnt wieder die Sterne.

Linkes Ufer - Médoc


Im Médoc war ein deutliches Nord-Süd-Gefälle zu beobachten. Während die lehmhaltigen Böden von Saint-Estèphe mit der Hitze und Trockenheit noch einigermaßen zurechtkamen, war die Situation südlich von Pauillac schwieriger. Einige Weine bis hinunter nach Margaux konnten die Trockenheitsauswirkungen nicht verbergen, waren verschlossen, zeigten harte Tannine und mangelnde Fruchtsüße. Diese Charakteristiken insbesondere im Abgang konnten sogar Château Margaux und Château Palmer nicht verbergen, fast eine Enttäuschung nach den grandiosen Weinen aus 2015. Nach einem ebenfalls schwachen Rauzan Ségla drehte bei uns die Stimmung bei Brane-Cantenac. Die Top-Parzelle "terrasse 4" mit guter Wasserrückhaltung lieferte die Trauben für einen wunderbaren 2016er. Ein Preis-Leistungs-Knaller, den man sich merken sollte. Auch Ducru Beaucaillou konnte die tollen Leistungen der vergangenen beiden Jahre nicht erfüllen, der Wein wirkte irgendwie ausgezehrt. Und selbst Pontet Canet zeigte im Abgang ungewohnte Schwächen.


Las Cases mit einem der größten Weine, die hier in Jahrzehnten erzeugt wurden. Ist das der erste „100-pointer“?

Doch nun zu den großartigen Weinen. Schon Léoville Las Cases in Saint-Julien trumpft mit einem unglaublich guten 2016er Grand Vin auf. Chefönologe Michel Roland verweist auf die stolze Serie von -6er Jahrgängen angefangen vom 1986er. Eine magische Jahreszahl für Las Cases und auch der 2016er bestätigt diese Reihe eindrucksvoll. Tolle Weine auch von den Pichon-Geschwistern "Baron" und "Lalande", wenn auch nicht in der Spitzengruppe der Bewertungen. Dafür sind sich beide Château ihren grundverschiedenen Weinstilen treu geblieben, der Baron mit mächtigen Muskeln und enormer Dichte, die Lalande köstlich fein und elegant. Toll waren beide Weine.

Alle drei Premier Crus aus Pauillac präsentierten herausragende Weine, zu allererst Lafite Rothschild. Der kraftvolle, unfassbar elegante und mit seidenweicher Frucht ausgestattete Lafite legt im Abgang erst so richtig los. Ein endloses und faszinierendes Erlebnis. Ein Top-Kandidat für den Wein des Jahrgangs. Unglaublich gut auch Nachbar Mouton Rothschild. Ein Hammer-Wein mit mächtig Power, reifer Frucht und dennoch faszinierender Eleganz. Spektakulär ist die klassisch-würzige Mouton-Aromatik mit feinsten Kräutern, die die Frucht perfekt austarieren. Ein denkwürdiger Mouton, den echte Fans dieses großen Châteaus nicht verpassen dürfen. Der Latour hingegen zeigt sich noch sehr spröde und verschlossen, seine Klasse kann man heute nur erahnen, seine Masse und Aromenkonzentration ist sehr groß, dieser Wein braucht vielleicht Jahrzehnte der Flaschenreife.


Château Montrose mit einer kleinen Verkostungsreihe von 2014 – 2016. 2014 und 2016 sind beide herausragende Weine, 2015 kommt da nicht mit.

Grandiose Weine auch aus Saint-Estèphe! Cos d`Estournel gelingt ein Meisterwerk an Finesse mit kristallklarer und feinster Frucht. Dennoch fehlt ihm weder Kraft noch Balance oder Länge. Vielleicht nicht ganz Haute-Couture aber ein ganz toller Bordeaux und so ganz anders als der opulente 2009er. Ist das eine Stilwende für Cos? Noch eine kleine Stufe besser präsentiert sich der 2016er Montrose. Unglaublich konzentriert, aufgeladen mit süßen, frischen Sommerfrüchten, enorm druckvoll und dennoch ein vollendetes Trinkvergnügen. Und auch Calon-Ségur fügt sich nahtlos in die Reihe dieser tollen Weine, vielleicht noch einen Tick stärker strukturiert und noch nicht perfekt ausbalanciert. Nach dem großen Saint-Estèphe-Jahr 2014, der Enttäuschung 2015 nun wieder ein ganz großer Jahrgang für die nördlichste der großen Appellationen.

Linkes Ufer - Pessac-Léognan


Vielleicht die besten Weine erzeugte die Appellation Pessac Léognan. Unsere beiden Referenzpunkte sind die Ausnahme-Châteaus Smith-Haut-Lafitte und Haut-Brion / La Mission Haut-Brion. Der rote SHL zeigt alle Gene dieses Jahrgangs mit großer Konzentration und Dichte und toller, süßer Fruchtaromatik. Das alles in Seide gepackt und mit beeindruckender Länge. Wenn man hier preislich im Rahmen bleibt, könnte das der Wein mit dem besten Preis-/Leistungsverhältnis sein, ein großer Powerhouse-Bordeaux für erträgliches Geld. Fast noch beeindruckender ist der weiße SHL, der nur aus alten Rebstöcken gewonnen wurde. Ein extrem komplexer, zitrusfrischer und verblüffend großartiger Weißwein. Leider gibt es von dieser Spezialität nur rund 20.000 Flaschen. Beide Weine von SHL dürften in die Annalen dieses glänzenden Châteaus eingehen. Die Weine der „Domaine Clarence Dillon“ werden stets gemeinsam präsentiert.


Perfektion im Glas, seit Jahren mit unfassbarer Konstanz.

Die beiden Superstars im Portfolio sind Château Haut-Brion und Château La Mission Haut-Brion. Und beide Wein sind auch im Jahrgang 2016 unter den absoluten Stars. Man kann sich nur verwundert die Augen reiben, dass man hier, mitten in der Stadt Bordeaux und getrennt durch eine große Straße und Eisenbahnlinien die größten Weine der Welt anbauen kann. Ob Weiß-, ob Rot, alle Weine hier gehören immer zu den besten des Jahrgangs. Bereits 2015 ganz oben, sichert sich Haut-Brion wieder einen Spitzenplatz im Rennen um den Wein des Jahrgangs. Der Wein ist derart perfekt und eindrucksvoll, dass es einem „kalt den Rücken hinunter läuft“. So aromatisch, komplex, dicht und konzentriert und gleichzeitig seidenweich, fruchtsüß und mit perfekten Tanninen zelebriert sich ein Kunstwerk. Der Haut-Brion 2016 gehört ganz sicher zu den größten Weinen, die hier geerntet werden konnten. Nur einen winzigen Tick dahinter ist der La Mission, wie immer mit etwas mehr Struktur und noch mehr Power.

Rechtes Ufer - Pomerol


Deutlich konstanter in der Qualität als im Médoc waren die Weine des rechten Ufers zwischen Libourne und Saint-Émilion. Vielfach konnten wir hören, dass das Feuchteproblem im Frühjahr hier nicht so dominant war, ist doch landeinwärts der Einfluss des Atlantiks weniger ausgeprägt. Dennoch war auch hier der Jahrgang extrem transparent in Bezug auf Terroir und Vinifikation. Wie selten zuvor spiegeln die Weine aus 2016 die Charakteristik der Châteaus derart präzise wider. Ein Musterbeispiel ist Le Pin, das einen regelrecht parfümierten Wein präsentierte. Es ist der reinste und typischste Ausdruck dieses einmaligen Terroirs mit reinen Kiesböden ohne Lehm- oder Sandanteilen. Dieser kleine Flecken stellt praktisch eine Anomalie in Pomerol dar, denn dieses Terroir gibt es sonst nirgendwo. Das ist auch der Grund, warum die Rebfläche von Le Pin nicht erweiterbar ist, der „Romanée Conti von Bordeaux“ würde sofort seinen burgundischen Charakter verlieren.


Jacques Thienpont präsentiert seinen klassischen, parfümierten Le Pin.

Das zweite berühmte Weingut der Thienpont-Familie, Vieux Château Certan, schenkte wieder einen absolut fantastischen Jungwein aus. Der VCC ist extrem geschliffen und präzise gemacht, zeigt aber gleichzeitig alle Gene eines kraftvollen, dicht strukturierten 2016ers mit herrlicher Frucht. Man kann sich eigentlich nur wundern, wie Alexandre Thienpont mit seinem Sohn Guillaume Jahr für Jahr gelingt, so große Weine ohne jegliche Schwäche präsentiert. Château Lafleur, nicht weit entfernt, liegt stilistisch immer irgendwie zwischen Le Pin und VCC. Der 16er Lafleur hat mehr Dichte und intensivere Tannine als in den Vorjahren und eine fast cremige, kraftvolle Textur. Im Moment ist der Wein noch sehr verschlossen und nicht so expressiv wie z.B. 2014 oder 2015. Wie immer ist der Lafleur wegen seiner spannenden inneren Widersprüche, seiner großen Komplexität und dem endlosen Abgang ein intellektueller Wein auf den man sich einlassen muss. Die Tannine sind noch nicht ganz in der Balance, ziehen aber nicht „in Richtung Ohr“, was eine optimale Prognose rechtfertigt.

Die große Ausdruckskraft eines Lafleur kann der L`Evangile 2016 nicht vorzeigen. Der Wein zeigt den Trockenstress der Reben leider deutlich und wirkt mit seiner schieren Kraft nicht saftig genug. Da war 2015 ohne jeden Zweifel viel besser. Ein großer Erfolg hingegen war 2016 für den Nachbarn La Conseillante. Schon die Nase ist spektakulär, der Wein zeigt sich super-soft und super-kraftvoll. Erstmals wurden die Trauben zu 100% für 5 Tage kalt mazeriert. Die Ernte dauerte ganze 27 Tage, üblich waren sonst 6-7 Tage. Man konnte also die perfekte Reife jedes einzelnen Stocks abwarten. Die Reifebestimmung erfolgte mit Unterstützung von Drohnenflügen, was belegt, mit welchem Aufwand im Bordelais mittlerweile an der Präzision gearbeitet wird. Der La Conseillante 2016 ist sicherlich der beste seit dem 2000er.

Rechtes Ufer - Saint-Émilion



Cheval Blanc ist über die Jahre einer der konstantesten Top-Produzenten. Auch der 2016er ist herausragend.

Wir wechseln auf die andere Straßenseite in die Appellation Saint-Émilion. Gleich schräg gegenüber liegt Château Figeac, einer der Stars in 2015. Nicht zuletzt seit Michel Rolland dieses Château berät zeigen sich deutliche Verbesserungen. Auch die 2016er Version von Figeac ist mehr als beeindruckend: herrliche Fruchtsüße, verpackt in einen ultra-feinen, samtweichen Wein mit delikatem und langem Abgang sind die Markenzeichen. Wenn der Preis nicht zu hoch ausfällt, ist das sicher eine Kaufempfehlung. Garantiert teuer wird es beim Nachbarn Château Cheval Blanc. Der Andrang war dieses Jahr erstaunlicherweise nicht so groß, dafür erfüllte der Wein alle in ihn gesteckten Erwartungen. Bereits der in diesem Jahr wieder präsentierte Petit Cheval Blanc überraschte mit einer herrlichen Nase nach frischem Obst, dominiert von sehr delikatem Rhabarber. Der Cheval Blanc zeigt dafür intensive frische Erdbeeraromen und eine dichte, seidige Struktur. Das betont saftig fruchtige Mundgefühl mit samtweichen Tanninen und perfekter Balance begleitet den Wein auf der ganzen Palette bis in den fantastischen Abgang. Immer wieder kehren die feinen Fruchtaromen mit neuen Nuancen zurück. Ein klassischer Suchtstoff, der nach jedem Schluck sofort den nächsten verlangt. Wieder einmal beweist Cheval Blanc seine Sonderstellung in Saint-Émilion.

Eine ähnliche Klasse würde man beim zweiten Grand Cru Classé A Weingut in Saint-Emilion, Château Ausone, erwarten. Ausone präsentierte wieder einen mächtigen Wein, erfreulicherweise schlanker als in 2015. Dafür stimmte in diesem Jahr die Balance einfach nicht, der Wein fiel im Abgang deutlich ab. Die Cuvée mit hohem Cabernet Franc Anteil sollte eigentlich vom Jahrgang profitieren, das Terroir ist fantastisch. Dennoch ist für uns Ausone wiederholt überextrahiert und schafft den modernen Weinstil mit Finesse und Balance nicht. Wir geben nicht auf und freuen uns auf einen richtig großen Ausone-Jahrgang.


Clos Foutet mit einem der besten St.-Émilion Weine des Jahres 2016.

Richtig fein war der 2016er von Château Canon, einer der Stars der jüngsten Jahrgänge. Wie immer darf man hier zuerst Proben aus verschiedenen Fässern verkosten und anschließend die Cuvée. Wie immer scheint das Taransaud-Fass dem jungen Wein am meisten zu schmeicheln, diese Probe ist stets offen und delikat. Auf Canon legt man großen Wert darauf, nicht zu stark zu extrahieren und in der Tat duftet die gut ausbalancierte Cuvée fein nach Kirsche und angenehmem Parfüm. Erstaunlich, wie sauber und präzise der Wein ist, dabei außerordentlich kraftvoll, nie aber zu breit. Ein toller Wein, dem nur ein etwas spektakulärer Abgang fehlt, um mit ganz oben zu landen. Um diesen Tick besser zeigt sich der Clos Fourtet. Das Château liegt direkt hinter der Stadtmauer von Saint-Emilion und gehört seit dem 100 Punkte 2009er zu den Top-Stars der Appellation. 15 der insgesamt 20 ha Rebfläche liegen direkt um das Château auf dem Hochplateau. Der Wein verströmt ein kristallklares Aroma von frischen Erdbeeren, entfaltet sich am Gaumen samtweich, sauber und äußerst delikat ohne jeglichen Fehler. Der Abgang ist spektakulär, lang und wieder von kraftvollen Aromen roter Beeren geprägt. Einer der großen 2016er Saint-Emilions, keine Frage.


Die Verkostung auf Tertre Rà´teboeuf beginnt draußen bei den Rebstöcken mit einem Vortrag von François Mitjavile zur Vegetationsperiode.

Primeurbesuche auf den Châteaus dauern, wenn man sich viel Zeit nimmt, maximal eine Stunde. Wenn man einen Termin auf Tertre Rà´teboeuf hat gibt es zwei Grundsätze: pünktlich sein und mehrere Stunden einplanen. Während andere Châteaus still ihre Weine präsentieren und die Verkoster nicht stören möchten, gerät hier die Verkostung zum Happening eines kleinen Kreises von Connaisseuren, die förmlich an den Lippen von François Mitjavile hängen, um nur kein Wort zu verpassen – und das auf Französisch natürlich. Zur Klarstellung: François Mitjavile ist ein Meister, kein Magier seines Fachs. Seine Weine sind Jahr für Jahr an der Spitze nicht nur in Saint-Emilion. Ihre Ausdruckskraft begeistert und rührt zugleich. Schiere Ungläubigkeit überfällt den Verkoster ob dieser Explosion an Aromen von reifen Früchten verbunden mit einer fast viskosen, dichten, kraftvollen und zugleich samtweichen Textur. Der 2016er ist noch dichter und komplexer als der 2015er, den wir ebenfalls wieder verkosten konnten. Wie im Kindergarten bei der Ausgabe von Würstchen drängen sich gestandene Weinhändler und Journalisten um das Barrique aus dem François Mitjavile mit seiner Pipette das Suchtmittel austeilt. Danach wird es schlagartig still, alle konzentrieren sich auf das Erlebnis im Mund und sind ob des endlosen Abgangs minutenlang außer Gefecht gesetzt. Welchen Sinn macht eine Punkteskala noch bei diesem Wein? Nun ja, vielleicht passt ja der Roc de Cambes noch in diese Skala (ziemlich oben natürlich). Aber wir können den Tertre Rà´teboeuf doch nicht jedes Jahr zum Wein des Jahrgangs erklären!

Berauscht aber nicht benebelt fahren wir den Berg hoch zu Troplong Mondot, einem weiteren Superstar in Saint-Emilion. Oft wird diesem Château vorgeworfen, zu fette und mächtige Weine zu machen. Mächtig sind die Weine, ja, aber zu fett, zu marmeladig? Das können wir nicht bestätigen. Dennoch verblüfft der 2016er als super-eleganter Finessewein, der alle Gene eines großen Troplong-Mondot besitzt. Wir erinnern uns an Cos d`Estournel, dem ebenfalls entgegen dem Château-spezifischen Charakter ein ähnlich grandioser Wein mit Frucht, Kraft und ultrascharfer Präzision gelungen ist. Der Troplong Mondot ist intensiv violett, die Himbeeraromen liegen tief im Glas mit deutlich pfefferscharfen Noten. Dass er immer noch etwa 15% Alkohol hat merkt man keine Sekunde, der Wein wirkt frisch und leichtfüßig, gleichzeitig konzentriert, perfekt balanciert und wunderbar saftig bis in den langen Abgang. Das ist der neue über-2010er.

2016, ein großer Bordeaux-Jahrgang



2016, ein goldener Jahrgang für Bordeaux, nicht nur bei den Rotweinen.

2016 ist ohne Zweifel ein großer Bordeaux-Jahrgang. So richtig gemerkt haben das die Produzenten erst, als sie die ersten seriösen Fassproben nach Abschluss der malolaktischen Gärung verkostet haben. Die Überraschung war riesig, erwartet hatte das nach dem herausfordernden Wetterverlauf niemand. Ein Jahrhundertjahrgang ist es wegen der Heterogenität nicht. Es ist ein Jahrgang der großen und bewährten Terroirs und des Geschicks und Einsatzes der Weinbergsteams, die praktisch pausenlos im Einsatz waren. Fast alle Châteaus haben ihre neuen Keller fertiggestellt und können heute mit ungekannter Präzision vinifizieren. Gleichzeitig vermeiden fast alle Produzenten überextrahierte Weine, ein Stil, der früher oft als sog. „Parker-Stil“ favorisiert und auf vordergründiges Beeindrucken aus war. Heute ist man zurück zu dem unverwechselbaren Bordeaux-Stil, den alle Welt kopieren möchte und es dennoch nicht wirklich schafft. Die zahlreichen sehr guten Jahrgänge seit dem Jahr 2000 sind auch ein Effekt des Klimawandels. Während früher die volle Ausreifung der Cabernet-Trauben nur selten abgewartet werden konnte, tritt dieses Problem heute seltener auf. 2014, 2015 und jetzt 2016, Bordeaux ist nach drei schwachen Jahren wieder im Aufwind. Drei in der Charakteristik unterschiedliche Jahrgänge, die für jeden Weinliebhaber herausragende Exemplare bereithalten.

11. März 2017


Traditionell in der ersten Aprilwoche lädt die UGCB zusammen mit fast allen Châteaus zur Primeurwoche ins Bordelais. Zur Verkostung steht ein weiterer richtig guter Jahrgang aus einem extrem trockenen Sommer an, die Erwartungen sind entsprechend hoch. Obwohl mit Château Latour ein prominenter Produzent aus dem en primeurs Verkauf ausgeschieden ist, nehmen fast alle Châteaus an den Verkostungen teil, auch Latour. Latour wird aber wieder nicht nur den aktuellen Jahrgang zur Verkostung anbieten, sondern auch die neuesten Releases. Und das wird in diesem Jahr der Grand Vin 2005 und der Les Forts de Latour 2011 sein.

Wir werden hier unsere Eindrücke und Erfahrungen zusammenfassen. Schauen sie also immer mal wieder auf diese Seite.