Bordeaux Jahrgang 2008


Jahrgangsbewertung 3 Sterne von 5

Witterung und Vegetationsverlauf 2008


Der Witterungsverlauf in 2008 gab zunächst im dritten Jahr in Folge zu schlimmen Befürchtungen Anlass. Regen und Hagel im Frühjahr ließen die jungen Blüten verrieseln (abfallen) und führten zusammen mit in der feuchten Witterung frühzeitig einsetzendem Mehltau zur einer drastischen, natürlich Ertragsreduzierung noch vor Ausbildung der Beeren. Ein warmer Frühsommer wurde durch einen wiederum nassen und kühlen August abgelöst. Dann kam im Herbst eine stabile Schönwetterperiode und rettete die Ernte. Eine ungewöhnlich lange Standzeit der Trauben am Weinstock bei sehr guten Bedingungen ließ die Trauben vollständig ausreifen.

Durch die frühe, natürliche Ertragsreduzierung um bis zu 40% und die lange Wachstumsperiode bildeten sich kleine, dickschalige Beeren. Die daraus gekelterten Weine zeichnen sich durch eine hohe Säure und ein sehr gutes Tanningerüst aus. Die besten Weine des Jahres werden daher eine lange Lagerfähigkeit besitzen. Weiter charakteristisch ist die ungewöhnlich hohe Fruchtkonzentration, da die Weinstöcke von Beginn an ihre Kraft auf die wenigen Beeren konzentrieren konnten.

Im Ergebnis also noch ein sehr schöner, klassischer Jahrgang mit vielen sehr guten und exzellenten Weinen. Voraussetzung hierfür war jedoch eine intensive Weinbergsarbeit und ein ausgezeichnetes Terroir. Sowohl der spät reifende Cabernet Sauvignon als auch der eigentlich früher reifende Merlot wurden 2008 erst im Oktober, sogar bis Anfang November, gelesen.

Die besten Weine machten die großen Châteaus im Médoc, aber insbesondere die Top-Produzenten auf dem rechten Ufer in Pomerol und Saint-Emilion. In der Spitze steht der Jahrgang wohl in der Breite deutlich besser bewerteten Jahrgängen nicht nach! Allerdings ist die Charakteristik der Weine im Vergleich zu den heißen Jahrgängen völlig anders, weiniger muskulös und fett, dafür konzentrierter, vielschichtiger, eleganter.

Die Primeurkampagne 2008


Der Jahrgang war von Anfang an schlecht geredet worden, eine Wiederholung des ausgesprochen schwachen Jahrgangs 2007 zeichnete sich ab. Konsensmeinung war, dass das kühle Wetter und der zeitweise nasse Witterungsverlauf ungünstig für die Qualitätsentwicklung war. Diese Einstellung sollte in der Primeurverkostung bestätigt werden, allerdings zeichnete sich ab, dass der Jahrgang a) deutlich besser als 2007 gesehen wurde und b) in der Spitze hervorragende Weine hervorgebracht hat. Die sich auf dem Höhepunkt befindende Weltwirtschaftskrise führte zudem dazu, dass die Forderungen nach drastischen Preissenkungen immer lauter wurden.

Frühzeitig wie nie zuvor kamen dann auch die ersten Châteaus mit ihren Preisen auf den Markt und setzen die Marke: Reduzierungen um bis zu 50 % und Einpendeln auf dem Preisniveau von 2004. Selbst die Premiers folgten mit Preisen um 130-150 €. Das niedrige Preisniveau führte zu regem Interesse an den besser bewerteten Weinen. Doch mit der Veröffentlichung der Primeurbewertung von Parker am 30.04.2009 änderte sich die Situation grundlegend: Parker bewertete die Qualität zumindest in der Spitze extrem hoch (z.B. Latour, Lafite), was zu fast explosionsartigen Preissteigerungen führte.

Genau zwei Jahre später dann die Ernüchterung: Parker zieht zurück und bewertet die Weine auf der Flasche um durchschnittlich über einen Punkt unter der Bandbreite aus der Fassverkostung. Lafite bleibt bester Wein mit 98 Punkten, die höchste Bewertung für 2008. Keiner der Top-Weine erreicht die erste Bandbreite, die meisten liegen 2 Punkte darunter. Am Ende liegt 2008 sogar unter 2006 und 2003. Good try, Bob!

Wenig später jedoch publiziert die Revue Du Vin De France ihre Nachbewertung und siehe da, 2008 wird teilweise deutlich nach oben korrigiert. Einer der Weine des Jahrgangs: Léoville Las Cases mit 19/20! Man könnte den Eindruck gewinnen, die außerordentlichen Erfolge von 2009 und 2010 hätten hier einen gewissen Einfluss gehabt. Der Wine Spectator bestätigt im Großen und Ganzen seine ursprüngliche Bewertung.
4 Weinreviews
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