Ca' Marcanda

Das Weingut Ca' Marcanda ist eine Neugründung von Angelo Gaja in Bolgheri. Dort produziert der Star des Barbaresco feinste Bordeaux-Blends, die seine unverwechselbare Piemontesische Handschrift der Eleganz und Klasse mit der Reife und Fülle der Toskana vereinen.

Ca' Marcanda | Loc. S. Teresa, 272 | I-57020 Castagneto Carducci (LI) | Italien

Weine: Camarcanda, Magari, Promis, Vistamare

Über Ca' Marcanda


Angelo Gaja möchte in Bolgheri nicht auffallen. Sein Weingut Ca' Marcanda ist nicht leicht zu finden und selbst wenn man davor steht kaum zu sehen. Alte Olivenbäume und hohe Oleander säumen den Kiesweg, ein schlichtes Schild aus Bronze mit dem Schriftzug Ca' Marcanda in dem Gaja typischen Design zeigt dem Insider an, fündig geworden zu sein. Gaja empfängt so gut wie keine Gäste, auf Ca' Marcanda gibt es keine Zimmer und keine echte Küche. Ein Zweckbau quasi unter der Erde versteckt unter wuchernden mediterranen Gewächsen. Noch nicht einmal die Weine des Gutes sind in der Region leicht zu finden, nur ausgewählte Restaurants und Vinotheken führen die Weine. Wenn man aber in den Genuss einer seiner Flaschen kommt ist es mit dem Verstecken vorbei: die Weine sind schlicht herausragend, typisch Gaja, d.h. in Richtung Eleganz und Klasse getrimmt.

Das spektakuläre Weingut liegt versteckt in einer blühenden mediterranen Oase. Links stehen die ältesten Olivenbäume, die 200 Jahre alt sind.

Warum pflegt der Winzerstar aus Barbaresco diese auffällige Zurückhaltung? Warum limitiert er den Verkauf dieser Weine in Italien auf magere 13% der Ernte? Er möchte abwarten, erst beweisen welche Klasse er aus der für ihn neuen Region herausholen kann. Seine Reben sind noch relativ jung, die Konkurrenz wie der Sassicaia hat schon rund 50 Jahre früher angefangen, in Bolgheri Cabernet Sauvignon zu pflanzen. Er respektiert diese Leistung sehr, möchte nicht vorlaut in diese Erfolgsstory einbrechen. Seine Hochachtung für Mario und Nicolo Incisa della Rocchetta ist greifbar und ehrlich gemeint. Er stellt fest, beide hätten in Bolgheri für heute etwa 50 Weingüter den Weg bereitet. Viele von ihnen verkaufen Ihren Wein in der Region, u.a. an die zahlreichen Touristen aus Deutschland, der Schweiz und Skandinavien. Für sie macht er Platz in den Regalen der Vinotheken, möchte mit seinem großen Namen die anderen nicht erdrücken.

Selbst für einen Angelo Gaja war es ein langer Weg an die Küste der Toskana, obwohl Barbaresco nur drei Autostunden entfernt ist. Er war sehr schwer gutes Land zu kaufen in einer Region, die vom lokalen Adel kontrolliert wird. 1955 kauften zwei Brüder ein großes Stück Land gleich hinter der Bolgherese genannten Provinzstraße der Familie della Gherardesca ab. Mitte der 1990er dann erfuhr Angelo Gaja, dass die Brüder aus Piombino, Besitzer einiger hundert Eigentumswohnungen, Cash benötigten. Er begann zu verhandeln. Ganze 18 Mal musste er die Brüder zuhause besuchen, bis der Verkauf von 128 ha Ackerland ohne einen einzigen Rebstock endlich perfekt war. Angelo Gajas Frau Lucia interpretierte diesen Verhandlungsmarathon auf ihre Weise und bezeichnete die Brüder auf Piemontesisch als "Ca' Marcanda". Das bedeutet so viel wie "das Haus der Verhandler, die nie abschließen". Wenige Tage nach dem Kaufabschluss rief ein Freund Angelo Gaja morgens um drei Uhr zuhause an. Er hatte von dem Deal gehört und einen Namensvorschlag für das neue Weingut: "Sassigaja". Die Pointe kam bei Angelo Gaja nicht besonders gut an.

Der sehr funktionelle Barrique-Keller umfasst zwei Geschosse. Man erkennt gut das markante Stilelement der Stahlsäulen, die aus einer alten Pipeline gewonnen wurden.

Im Juni 1996 wurde Ca' Marcanda also erworben und sofort mit Rebanpflanzungen und der Planung eines Weinguts begonnen. Angelo Gajas Architekt Giovanni Bo aus Asti hatte bei der Gestaltung freie Hand und schuf ein 10.000 qm großes Weingut der Superlative über insgesamt 3 Ebenen. Das weitgehend fensterlose und nur nach einer Seite offene Gebäude schmiegt sich in die Landschaft ein und ist praktisch komplett begrünt. Die Fassaden sind aus dem Abbruchmaterial des Aushubs gemauert und als Stilelemente wurde sehr viel Eisen und Bronze verwendet. Das Gebäude beeindruckt innen durch seine enormen Flächen und die Integration zahlreicher künstlerischer Elemente. Dennoch bleibt alles betont schlicht und sehr funktionell. Für die Prachtbauten anderer Weingüter unter Zuhilfenahme von Stararchitekten hat Angelo Gaja kaum Verständnis. Optisch dominieren im Inneren die dicken Stahlsäulen, die aus einer nicht mehr verwendeten Pipeline entnommen wurden. Das Weingut hätte eine theoretische Verarbeitungskapazität von rund 800.000 Flaschen, produziert werden allerdings nur etwa 450.000 Flaschen und eine signifikante Steigerung scheint heute ausgeschlossen. Besonders stolz ist der Hausherr auf seine alten Olivenbäume, die zu hunderten nach Ca' Marcanda verpflanzt wurden. Kein einziger Baum hat diese Verpflanzung nicht überlebt, da Olivenbäume - auch sehr alte - maximal einen Meter tief wurzeln. Das gesamte Areal bildet eine einzigartige mediterrane Oase, die, obwohl gepflegt, in keiner Weise künstlich wirkt.

Angelo Gaja ist mächtig stolz darauf, dass die 200 Jahre alten Olivenbäume jetzt tatsächlich auch wieder Blätter tragen.

Die Rebflächen wurden Bolgheri typisch mit den klassischen Bordeauxrebsorten bepflanzt, vornehmlich Merlot und Cabernet Sauvignon. Im Vergleich zu dem alten Traditionshaus der Gajas in Barbaresco sind diese Rebanlagen praktisch jungfräulich. Und auch Gaja musste viele Dinge hier erst lernen, ist doch die Toskana gänzlich unterschiedlich zur piemontesischen Langhe. Die Rebflächen liegen deutlich niedriger und das nahe Meer (Luftlinie ca. 4 km) hat einen stark prägenden Einfluss auf das Klima. Auch die Bodenbeschaffenheit ist gänzlich unterschiedlich. Während es in Richtung Gebirge zunehmend steinig wird, dominieren Richtung Meer naturgemäß sandige Böden. Und während der im Inneren der Toskana optimal gedeihende Sangiovese dort sehr gute Bedingungen vorfindet, fühlen sich Merlot und Cabernet Sauvignon an der Küste sehr viel wohler. Diese Rebsorten passen in Bolgheri so perfekt in das Mikroklima, dass sie regelmäßig mächtige, konzentrierte Rotweine hervorbringen. Die Kunst der Winzer besteht also darin, die Rebstöcke zu zügeln, um elegante und feine Weine zu produzieren. Wem dies gelingt, der erhält als Belohnung mit die feinsten Cabernets und Merlots, die auf diesem Planeten gedeihen. Und ganz offensichtlich sind die Tenuta San Guido mit ihrem Sassicaia und Angelo Gaja mit seinem Ca' Marcanda in dieser Kunst sehr weit gekommen. Dabei beschäftigt Gaja keinen önologischen Berater, sondern vertraut auf seine lokalen Angestellten und insbesondere seine eigene Expertise. So ist er mindestens einmal pro Woche auf Ca' Marcanda, ebenso wie seine Tochter Gaia, die sich intensiv mit um das Bolgheri Weingut kümmert.

Die Rotweine von Ca' Marcanda: Promis (vorne links), Magari (vorne rechts) und drei Jahrgänge Ca' Marcanda mit den roten Etiketten.

Ca' Marcanda produziert drei Rotweine, bis 2015 mit folgender Produktphilosophie: den Promis als Einstiegswein mit einer Cuvée aus Merlot (55%), Syrah (35%) und Sangiovese (10%), den Magari aus 50% Merlot, 25% Cabernet Sauvignon und 25% Cabernet Franc sowie den Topwein "Camarcanda" mit 50% Merlot, 40% Cabernet Sauvignon und 10% Cabernet Franc. Mit dem Jahrgang 2015 ändert Ca Marcanda seine Produktzuordnung: künftig wird der Promis auf der Basis von Merlot, der Magari auf der Basis von Cabernet Franc und der Topwein Camarcanda auf der Basis von Cabernet Sauvignon aufgebaut. Beim Magari und Camarcanda ergänzen die französischen Rebsorten Cabernet Sauvignon und Petit Verdot die Cuvée, der Promis enthält weiter Syrah. Der Wechsel im Produktaufbau kommt mit dem großen Jahrgang 2015 genau zur richtigen Zeit. Die Logik ist dabei auch einfacher zu verstehen: der Spitzenwein baut auf Cabernet Sauvignon auf, der kleinere Bruder Magari auf Cabernet Franc, der in Bolgheri auf allerbestem Terroir gedeiht. Der Promis bleibt eigenständig mit rund 50% Merlot und einem großen Anteil an Syrah.

Während der Promis eher als Alltagswein ausgelegt ist, zeigt bereits der Magari, welches große Potenzial die Weine von Ca' Marcanda haben. Ein rassiger, geschliffener Cabernet. Was ihm fehlt bietet dann der Camarcanda, ein Wein von großer Klasse und ebenso großem Potenzial. Dieses Potenzial belegt eine Verkostung des Jahrgangs 2000, des ersten Jahrgangs des Camarcanda. Ein Spitzenwein mit fantastischer Aromatik, fast an die nach Rosen duftenden großen Nebbiolos erinnernd. Fast spielerisch verbindet er die Fruchtfülle und Reife der Toskana mit einer eleganten Leichtigkeit. Der lange und intensive Abgang zeigt dann aber nochmal die Größe und Seriosität dieses Weins. Es ist kaum zu glauben, was in der Toskana beim Wein alles möglich ist. Nur Angelo Gaja lehnt sich genüsslich zurück. Er ist ein Profi und weiß genau, was in den kommenden Jahren noch passieren wird. Er sagt es rundheraus: mit seinem auf Eleganz getrimmten Schliff verbindet er den internationalen und den toskanischen Stil auf einzigartige Weise. Als Piemonteser sind die großen, eleganten Weine genau seine Welt. Er weiß, der Ca` Marcanda wird in einigen Jahren der Star in Bolgheri sein. Und bis dahin macht er sich in dieser Region ganz klein, ja versteckt sich. Er kann warten.

Angelo Gaja fährt zumeist abends wieder zurück nach Barbaresco. Auf die Frage, ob er denn in Bolgheri heimisch geworden sei, antwortet er mit leuchtenden Augen und mit einem klaren "si"!

Weitere Artikel zu diesem Weingut



Im Gespräch mit Angelo Gaja (Barbaresco)
Angelo Gaja ist in Italien und darüber hinaus ein Star. Fast im Alleingang hat er es erreicht, dem italienischen Wein international einen Platz unter den besten Weinen der Welt zu verschaffen. Seine Talente sind so vielfältig, dass sie Bücher füllen, seine Weine so rar und teuer wie französische Spitzenerzeugnisse. Nun, mit 73, scheint er dem Bewahren mehr Bedeutung zu schenken als dem Aufbauen. Ein Gespräch.
(03.11.2013)

Angelo Gaja in Neustadt / Weinstrasse
Vorträge des glänzenden Redners und Unterhalters Angelo Gaja sind immer ein großartiges und inspirierendes Erlebnis. Am 6. Juli 2014 war er im Saalbau von Neustadt/Weinstrasse zu Gast beim Pfalzwein e.V. zu einem Vortrag. Das erstaunlich junge Publikum war gefesselt und begeistert.
(23.07.2014)