Domaine Anne Gros

Anne Gros steht für eine moderne und ausdrucksstarke Interpretation allerfeinster Burgunder. Star im Portfolio ist der Richebourg, gefolgt von den den Grands Crus Clos de Vougeot und Echézeaux. In Vosne-Romanée und dem ganzen Burgund gehört sie heute zur Eliteklasse der besten Produzenten.

11 Rue des Communes | F-21700 Vosne Romanée | Frankreich |

Über Domaine Anne Gros


Wenn man in die kleine Gemeinde Vosne Romanée fährt, ist es gar nicht so einfach, die Domaine Anne Gros zu finden. Sie liegt zwar nicht versteckt, aber es gibt mehrere Weingüter, die den Namen "Gros" tragen und sie gehören auch alle über mehrere Verwandschaftsecken zusammen. Noch zwei Generationen zuvor war die Domaine Louis Gros eines der größten und bedeutendsten Güter im Ort. Durch die Realteilung an Kinder und weiter an Enkelkinder haben sich heute vier Weingüter ausgebildet, deren Kernbesitz von Großvater Louis stammt. Neben Anne Gros sind dies Michel Gros, A-F (Anne-Francoise) Gros und Gros Frère et Soeur (Bernard). Auf der Basis des von Napoleon eingesetzten Erbrechts wurden die teilweise sehr wertvollen Weinberge auf die Nachkommen von Louis Gros aufgeteilt, sodass fast alle Grands Crus Parzellen der Familienmitglieder heute kleiner als 1 ha sind.


Julie Tollot-Gros repräsentiert die 3. Generation ausgehend von Louis Gros

Anne Gros` Vater François erkrankte schon sehr früh schwer und vernachlässigte die Arbeit im Weinberg und Keller gezwungenermaßen stark. So musste Anne bereits 1988, mit gerade einmal 22 Jahren die Arbeit im Weingut übernehmen. Es war eine schwere Zeit, denn der Zustand der Weinberge und der Weine ließ zu wünschen übrig, dem Vater war nichts Recht zu machen und Anne war eine Frau - damals ein Fakt, der zu großer Ablehnung führte. Um Erfahrung zu sammeln ging Anne Gros für einige Monate nach Australien, wo sie auch Ihren Mann, Jean Paul Tollot-Beaut kennenlernte. Zurück in Vosne Romanée biss sie sich durch, renovierte und investierte in Weinberge und Keller wann immer sich der Spielraum dafür ergab und verhalf dem Weingut wieder zum alten Glanz. Die Weine wurden nicht mehr zum größten Teil im Fass verkauft, sondern komplett unter eigenem Namen abgefüllt. Als äußeres Zeichen dieses Neuanfangs wurde das Weingut 1988 in Domaine Anne et François Gros und dann 1995 schließlich in Domaine Anne Gros umbenannt und die Flaschen mit neu gestalteten Etiketten versehen. Das tiefe Blau auf den neuen Etiketten steht dabei für die Farbe der Pinot Noir Trauben. Übrigens engagiert sich Anne Gros heute stark in dem lokalen Zusammenschluss von Winzerinnen "Femmes & vins de Bourgogne" - und das obwohl es heute mehr als normal ist, dass weibliche Nachfahren die Weingüter übernehmen.


Die Etiketten dieser Flaschen Richebourg tragen noch die Namen von Vater und Tochter Gros

Anne Gros und Jean Paul Tollot-Beaut haben drei fast erwachsene Kinder. Das älteste, Julie, 1991 geboren, hat in Beaune Önologie studiert und führt mit ihrer Mutter das Weingut im Burgund gemeinsam. Der 1994 geborene Bruder Thibaut kümmert sich um das neue Familiengut im Minervois, im Süden Frankreichs. Die kleine Schwester von Julie ist am Wein noch nicht richtig interessiert.

So beeindruckend die Leistung von Anne Gros in den vielen Jahren bis zurück in die Spitze der Betriebe des Burgunds ist, so sicher basiert der Erfolg auch auf den herausragenden Weinbergslagen rund um Vosne Romanée. Anne Gros übernahm rund 3 ha Weinberge und erweiterte den Besitz im Laufe der Jahre durch Zukauf und Pacht auf heute etwa 6,5 ha. Daraus entstehen rund 20.000 Flaschen Wein, in manchen Jahren weniger, in anderen mehr. Drei ihrer Lagen sind Grand Cru klassifiziert und alle drei haben mehr als klangvolle Namen: im Clos de Vougeot besitzt sie 0,93 ha in der Parzelle Le Grand Maupertui, im Echézeaux 0,76 ha in der Parzelle Les Loachausses und schließlich im berühmten Richebourg, direkt am Eingang in der Nähe der Straßenkreuzung 0,60 ha. Die Parzelle im Echézeaux war bis 2007 an Michel Gros verpachtet und fiel erst in diesem Jahr zurück an Anne Gros. Anne Gros besitzt darüber hinaus keine Premiers Crus Lagen, dafür Village-Lagen in Chambolle-Musigny (1,10 ha) und Vosne Romanée (0,39 ha), oberhalb des Richebourg. Weitere Lagen befinden sich in den Haut Côtes de Nuits. Neben den roten Pinot Noir Weinen werden auch zwei leichte Weißweine produziert.


Die nagelneuen Edelstahltanks erlauben eine genaue Temperaturkontrolle bei der Fermentation

In das Weingut wurde in den vergangenen Jahrzehnten erheblich investiert, ein Kraftakt, der hart verdient werden musste. Vorläufiger Schlusspunkt sind die nagelneuen Edelstahltanks, mit denen erstmals eine Temperaturkontrolle möglich ist. Der erste Jahrgang, der in diesen Tanks fermentiert wurde ist der 2016er, die Maische wird konsequent unter 30°C gehalten, früher wurde dieser Wert häufig überschritten. Die Trauben werden vollständig entrappt, die Fermentation wird zügig gestartet und eher kurzgehalten. Auf eine Kaltmazeration verzichtet Anne Gros. Die Weine werden in Barriques abgezogen, ein Drittel sind neu, ein Drittel 1 Jahr und ein weiteres Drittel 2 Jahre alt. Einige Wochen vor dem Abfüllen erfolgt das Racking zurück in die Stahltanks. Nach etwa 15-18 Monaten wird der Wein abgefüllt, schneller als bei anderen Produzenten. Grundsätzlich wird in der Domaine Anne Gros viel experimentiert, bei aller Perfektion der Hausherrin, ihrer Tochter Julie und den drei festen angestellten Mitarbeitern.


Verkostung des grandiosen Echézeaux 2015 direkt nach dem Racking

Das Weingut Anne Gros hat sich heute fest in der Topliga der besten Burgunder-Produzenten etabliert. Die angesehene Revue de Vin de France bewertet die Domaine mit 19/20 Punkten, darüber liegen nur extrem wenige. Der Burgunder-Experte Clive Coates vergibt 3-Sterne, mehr gibt es nicht. Und Hugh Johnson ist das Weingut 3-4 Sterne wert (4 = Maximum). Nicht nur die drei Grands Crus verdienen dieses einhellige Lob, auch die Village und Bourgogne Weine sind unglaublich ausdrucksstark und präzise gemacht. Anne Gros verkauft etwa 10% der Flaschen an private Sammler, die ihren Platz auf der Lieferliste über viele Jahre und Jahrzehnte halten. Der Andrang, auf diese Liste zu kommen ist groß. Etwa 30% der Ernte geht an die Gastronomie in der ganzen Welt, der Rest wird in viele Länder exportiert, allen voran nach Asien / Japan. In Deutschland sind die Weine bislang so gut wie nicht zu bekommen.


Von jedem Cru werden jedes Jahr 30 Flaschen zurückgelegt

Trotz dieser Erfolge und den mächtigen Preisen für die Weine sind kleinere und größere Probleme, die man selbst nicht kontrollieren kann, unübersehbar. Da sind z.B. die Strom-Überlandleitungen über die berühmten Weinberge. Ein idealer Platz für die zahlreichen Vögel, die hier in aller Ruhe abwarten können, bis sie niemand mehr daran hindert, sich auf die süßen Trauben zu stürzen. Eine Abhilfe konnten da Netze schaffen, das Problem haben andere Winzer ja auch. Gravierender ist der Einfluss des Staates im Form rigider Gesetze in Bezug auf Alkohol und vor allem die Steuerlast. Die großen Aktiengesellschaften können hier eher ausweichen, den kleinen Betrieben entzieht es die Substanz für notwendige Investitionen. Anne Gros und ihre Familie stemmt sich dagegen.


Die unterschiedlichen Böden kann man in Vitrinen ausgestellt direkt erleben

Mit ihrer Tochter Julie hat sie eine perfekte Nachfolgerin für das Gut in Vosne Romanée gefunden. Den tiefen Bezug der Familie zum Terroir und Boden kommt in kleinen Vitrinen mit den unterschiedlichen Boden- und Gesteinsproben zum Ausdruck. Aufmachen und anfassen ist ausdrücklich erwünscht. Darunter liegen die entsprechenden Flaschen. Julie Tollot-Gros sammelt Versteinerungen aus den Weinbergen. Ein prächtiges Exemplar lehnt unspektakulär am Anfang einer Reihe Barriques. Im Lager hängt eine aufwändige Lampenkonstruktion an der Decke in Form eines Sterns mit fünf Zacken. Die Lampe symbolisiert den Zusammenhalt der Eltern und der drei Kinder, die Leuchtmittel den Sternenhimmel im südfranzösischen Minervois.


Die Weinpalette aus dem Minervois mit kraftvollen Weinen lokaler Rebsorten sind so ganz anders als die filigranen Burgunder. Die Etiketten leuchten in der Farbe des Laubes dieser Rebsorten in intensivem Rotbraun.

Das ist das neueste Kapital in Lebensgeschichte der Anne Gros und ihres Mannes. Vor wenigen Jahren haben sich die beiden während einer Urlaubsreise in ein Stück Land zwischen der Stadt Carcassonne und dem Mittelmeer verliebt. Die Familie erwarb die 30 ha Land mit einigen Olivenbäumen auf felsigem Untergrund. 2008 wurde der erste Weinberg angelegt, heute sind dort 15 ha unter Reben. Anne Gros und ihr Mann fahren jedes zweite Wochenende die über fünf Autostunden in den Süden und unterstützen ihren Sohn Thibault, der den Süden zu seiner Heimat gemacht hat. Auch dort schlug der Familie - gelinde gesagt - Skepsis entgegen. Als die Leute aber gesehen haben, mit welchem Engagement die Familie selbst im Weinberg arbeitet, hat sich dieser Widerstand aufgelöst.

Auch diese kleinen Geschichten gehören zum Terroir eines Weins. Wenn man dann z.B. einen Echézeaux oder Richebourg verkostet, ist das allzu oft schnell vergessen. Mühelos und ohne Schwere verbreiten diese kostbaren Tropfen ein faszinierendes Gefühl der Begeisterung und ungläubiges Staunen, zu welchen Geschmackserlebnissen diese rote Flüssigkeit fähig ist.