Vietti

In Bezug auf Historie und Qualität eines der bedeutendsten Weingüter der Langhe. Grundlage des großen Ruhms ist der über viele Jahrzehnte zusammengetragene sehr wertvolle Weinbergsbesitz, die traditionelle Verarbeitung und kompromisslose Qualitätsorientierung. Seit 50 Jahren bietet man Lagenbaroli an und war damit Pionier in der Region. Vietti ist seit vier Generationen in Familienbesitz.

Piazza Vittorio Veneto, 5 | I-12060 Castiglione Falletto (CN) | Italien |

Über Vietti


"The 2010 Barolo Ravera is one of the greatest wines I have ever tasted from Vietti." Dieser Satz von Antonio Galloni und seine Bewertung mit 100 Punkten für diesen Lagenbarolo sind der vorläufige Höhepunkt einer schon seit vier Generationen andauernden Entwicklung bis in die Spitze der Barolo-Erzeuger. Dabei ist Vietti aus Castiglione Falletto kein kleines "Kult-Weingut", sondern mit fast 40 ha Rebfläche schon einer der größeren Produzenten.

"Moment, ich komme gleich", ruft Elena Currado Vietti. Das ist schon deshalb kein Problem, als wir gerne noch eine Weile die herrliche Sonnenterrasse mit weitem Blick über die Weinberge hinüber nach Serralunga d`Alba im Osten des Barologebietes genießen. Nach ein paar Minuten kommt Elena dann zu uns, eine ungemein sympathische und auch dynamische junge Frau. Sie hatte ihr iPhone nicht mehr gefunden und für diese Suche haben wir mehr als großes Verständnis. Elena ist die Frau von Luca Currado, der heute in der 4. Generation dieses bedeutende Familiengut führt. Gegründet wurde es Mitte des 19. Jahrhunderts von Carlo Vietti und bereits unter seinem Sohn Mario füllt das Unternehmen seine Produkte in Flaschen ab und vermarktet sie unter dem Namen Vietti selbst. Das Weingut Vietti wurde 2016 an den amerikanischen Investor Krause verkauft, die Familie Currado leitet das Gut aber weiterhin.


Elena Currado (2015).

Großen Aufschwung nahm Vietti unter der Leitung des Önologen Alfredo Currado, der 1957 Luciana Vietti heiratete und rund 40 Jahre lang das Weingut leitete. Er gehört ohne Zweifel zu den wichtigsten Pionieren des Barolo. Im Weinberg, im Keller und auch im Vertrieb schuf er mit die Voraussetzungen für den heutigen enormen Erfolg der ganzen Region. So war er der Erste, der Trauben aus Einzellagen verarbeitete und vinifizierte. So entstanden 1961 mit dem Barolo Rocche und dem Barbaresco Masseria die ersten Lagenweine von Vietti. Aktuell wird mit dem Jahrgang 2011 das 50-jährige Jubiläum dieses Schrittes u. a. mit einem Sonderetikett gefeiert. Von Alfredo Currado stammt auch die Idee, die Etiketten von mit der Familie bekannten Künstlern gestalten zu lassen - und das bereits 1970. Seit 1982 bleibt das wechselnde Künstleretikett dem Barolo Riserva Villero vorbehalten, der nur in den besten Jahren produziert wird. Alfredo Currado starb 2012.

Luca Currado führt nun also den elterlichen Betrieb gemeinsam mit seiner Frau Elena. Luca absolvierte nach seiner Ausbildung zum Diplom-Önologen einige Stationen in Kalifornien und Bordeaux, bevor er ab 1990 bei Vietti schrittweise die Verantwortung übernahm und Elena kümmert sich intensiv um die kaufmännischen Belange sowie die Öffentlichkeitsarbeit.


Schon die Einfahrt zeigt, wie eng und steil das Gelände ist. In der Mitte die Treppe hinunter ins Weingut.

Das Weingut liegt mitten in der Ortschaft Castiglione Falletto, das von einer für die Größe des Ortes mächtigen Burg beherrscht wird. Entsprechend eng sind die Gassen und Platzverhältnisse auf diesem in zwei Richtungen steil abfallenden Bergrücken. So zwängt sich das Weingut direkt hinter der Burg in eine kleine Häuserlücke - bei dem erheblichen Produktionsvolumen von Vietti eine echte Herausforderung. Man hat darauf mit massiven Investitionen in mehreren Etappen reagiert und das Weingut auf mehrere Etagen nach unten verlagert und in den Berg gebaut. Die Vorteile der natürlichen Klimatisierung und der einfachen Vinifizierung nach dem Gravitationsprinzip sind ebenso einfach nachvollziehbar wie der enorme logistische Aufwand. Trotz mehrerer Aufzüge überwindet das Team von Vietti unzählige Treppen jeden Tag. So verschwindet Elena auch sofort über eine kleine Treppenöffnung in der Terrasse in der Tiefe und bittet uns zu folgen.

Direkt unter der Terrasse liegt die Fermentationshalle, die erstaunlich groß ist. Eines der Markenzeichen von Vietti ist die sehr lange Mazerations- und Fermentationszeit. Hier werden alle Trauben des Weinguts verarbeitet, auch die Lagen aus dem Barbaresco. Dies ist möglich, da man schon viele Jahrzehnte ao arbeitet und damit unter eine Ausnahmegenehmigung fällt. Die noch weiter unten liegenden Etagen beherbergen ein wahres Labyrinth an Kellern mit Fässern aller Art und Größe. Alle Baroli werden traditionell, d.h. in großen Botti aus slawonischer Eiche ausgebaut. Insgesamt produziert Vietti rund 30.000 Flaschen Barolo, darunter bis zu 40% als Lagenbaroli, je nach dem, ob Villero und Ravera produziert werden. Der Villero ist seit 1982 erst zehn Mal produziert worden, der Ravera seit 2001 erst drei Mal.

Trotz aller Sorgfalt und mit langer Erfahrung optimierten Verfahren der Zubereitung im Keller liegt der Schlüssel für die sehr hohe Qualität der Weine von Vietti im wertvollen Weinbergsbesitz, den insbesondere die Vorfahren schon vor vielen Jahren und Jahrzehnten zusammengetragen haben - im ganzen Barolo- und Barbarescogebiet. Heute umfasst der Weinbergsbesitz 37 ha, davon rund 13 ha für den Barolo. Besonders wertvoll sind Rocche di Castiglione, Brunate, Lazzarito, Villero und Ravero, Weine, die alle auch als Lagenbarolo angeboten werden. Darüber hinaus produziert man einen klassischen Barolo Castiglione, einen Blend, in den auch die großen Lagen mit zugegeben werden - schon um die Qualität sehr hoch zu halten. Ein preisgünstiger Einstieg in die Nebbiolo-Palette ist der Perbacco. Historisch ist auch der intensive Bezug von Vietti zum Barbera, den man sogar auf den wertvollen Nebbioloflächen im Barolo anbaut, auch wenn viele Leute diese Entscheidung von Alfredo Currado für gelinde gesagt "eigenartig" hielten.


Fässer aller Art und Größe spielen eine Hauptrolle im Keller von Vietti. Bei den engen Platzverhältnissen eine Herausforderung für das Team.

Elena Currado führt uns durch einen etwa 30 m langen, engen Tunnel zu einem weiteren Fasskeller, der direkt an der freigelegten Fundamentmauer des Schlosses angrenzt. Immer weiter windet sich der Keller entlang der runden Befestigung, bevor man eine kleine Stahltreppe hochklettert. Selbst hier lagern noch Fässer von Vietti. An der Seite beginnt ein weiteres sehr enges und niedriges Tunnellabyrinth, die geheimen Fluchtwege aus dem Schloss. Früher, da konnte man bis in das Schloss laufen, aber leider hat die Gemeinde diesen Weg nun versperrt. Luca Corrado hat hier als Kind gerne gespielt, erzählt Elena. In zwei Nischen liegen die ältesten Flaschen von Vietti, die zurück bis in die 1870er Jahre gehen. Wir haben mal eine probiert, aber geschmeckt hat sie nicht mehr, stellt Elena fest. Nun hütet man diese Flaschen als historischen Schatz des Hauses.

Es geht zurück durch die langen dunklen Gänge und mit dem Lastenaufzug wieder nach oben ans Tageslicht. Heiß ist es hier in der Frühlingssonne. Dennoch für eine Verkostung ist dieses Ambiente dann doch besser geeignet. Die gesamte Produktpalette besticht durch ihre Präzision, ihre herrliche und intensive Aromatik und brillante Frucht. Nichts ist breit, undefiniert, alle Weine sprechen die exakte Sprache ihres Terroirs. Da ist der mächtige und starke Rocche di Castiglione und der feinere, rundere Brunate. Und da ist der Ravera, bei dem irgendwie alle Linien zusammenlaufen, nur noch fokussierter, intensiver und konzentrierter. Ein mächtiger Barolo mit Finesse und Eleganz, dabei doch ein Kraftpaket mit mächtigen Muskeln.

Man kann zwar Wein im Weingut kaufen, aber nur die Basislinien. Die Lagenbaroli sind derart stark allokiert, dass keine Flasche zurückbleibt und alles über die Händler verkauft wird. Und das in über 40 Länder. Größter Auslandsmarkt ist, wie bei vielen Barolo Produzenten, Amerika, gefolgt von Japan, Deutschland, Schweiz und den skandinavischen Ländern. Von den Lagenbaroli werden jeweils rund 3.500 Flaschen jedes Jahr produziert, mehr nicht. Und die Nachfrage nach diesen deutlich über 100.- € teuren Flaschen ist enorm. Und das nicht erst, seit Anonio Galloni, ein langjähriger Freund des Hauses, dem Barolo Ravera 2010 100 Punkte gegeben hat. Buchstäblich jeder Importeur hätte davon gerne die gesamte Ernte gehabt.


Weingut und Burg verschmelzen an der Festungsmauer zu einer Einheit.