Judgment of Paris

California vs. France and the Historic 1976 Paris Tasting




Buch bei Amazon kaufen...

George M. Taber
Taschenbuch, 352 Seiten (2006)
Verlag Scribner, New York, ISBN: 0743297326

Autor(en):
George M. Taber was a reporter and editor with Time magazine in the United States and Europe for 21 years and then founded NJBIZ, a weekly business newspaper.

Covertext:
The Paris Tasting 1976 will forever be remembered as the landmark event that transformed the wine industry. At this legendary contest - a blind tasting - a panel of top French wine experts shocked the industry by choosing unknown California wines over France`s best.

George M. Taber, the only reporter present, recounts this seminal contest and its far-reaching effects, focusing on three gifted unknowns behind the winning wines: a college lecturer, a real estate lawyer, and a Yugoslavian immigrant. With unique access to the main players and a contagious passion for his subject, Taber renders this historic event and its tremendous aftershocks - repositioning the industry and sparking a golden age for viticulture across the globe.
Unser Eindruck:
Ereignisse mit sehr großer und nachhaltiger Wirkung sind oftmals zunächst ganz unscheinbar. So war das auch am 24. Mai 1976, als der britische Weinhändler Steven Spurrier (mit einem Weinfachgeschäft "Caves de la Madelaine" in Paris) im Intercontinental Hotel in Paris neun französische Weinexperten insgesamt 24 Weine zur Bewertung blind verkosten ließ. Eine bescheidene Veranstaltung, die eigentlich nur kalifornische Weine in Frankreich bekannt machen sollte und zu der nur ein einziger Journalist kam - George M. Taber, der Autor dieses Buches und damals Vertreter des Time Magazins in Paris.

Rund 30 Jahre später hat diese Veranstaltung, die nur wenige Stunden dauerte, nicht nur das Leben dieses Zeitzeugen, sondern die Entwicklung der gesamten Weinindustrie nachhaltig verändert. Grund genug für Taber, das vorliegende Buch nach umfangreichen Recherchen zu schreiben. Von den vielen "Wein-Büchern" hebt sich dieses Buch durch eine unglaubliche Faktenfülle und große Sachkundigkeit aus. Auf 12 Seiten breitet Taber z.B. einen Abriss über den französischen Weinbau aus, der mehr als lesenswert ist. Auf den folgenden über 100 Seiten erfährt der Leser alle Details über die Entwicklung des Weinbaus in Kalifornien, vor, während und vor allem nach dem Ende der Prohibition. Faszinierend auch der Schwenk der Kalifornier zum Qualitätsweinbau, getrieben von überzeugten Pionieren, die an das große Potenzial dieser aufstrebenden Weinregion glaubten. Das Leben von drei dieser Pioniere, alle Schlüsselfiguren der siegreichen Weine, wird ausführlich geschildert. Fehlende Weinbautradition und Erfahrung wird von diesen Newcomern kompensiert durch Willenskraft, eine klare Vision und große Experimentierfreude. Dabei hatten diese Pioniere immer die großen Vorbilder in Europa vor Augen, die Fixsterne am Wein-Himmel.

Unterstützt von der Universität in Davis wurde auch streng wissenschaftlich vorgegangen. Führende Önologen waren als Berater bei der Neuanlage von Weinbergen, der Selektion des Rebmaterials und auch bei der der Vinifizierung tätig. Die malolaktische Gärung wurde hier erstmals konsequent eingesetzt. Immer wieder verglichen die Qualitätsfanatiker das Ergebnis mit den großen Weinen der Welt, damals also Frankreichs. Nie hätte man sich angemaßt, die Vorbilder erreichen zu können, aber auf einem guten Weg wähnte man sich schon. Dass ein gewisser Steven Spurrier auf die Idee kam, kalifornische Weine durch französische Weinfachleute bewerten zu lassen und für diesen Zweck einige wenige Flaschen ausgesuchten Weins einkaufte interessierte nur am Rande. Ausführlich werden die Weine der Verkostung vorgestellt. Der Wettbewerb teilte sich in die Weiß- und die Rotweine. Verkostet wurden jeweils sechs kalifornische und vier französische Weine, schließlich diente die Veranstaltung ja dazu, die amerikanischen Weine publik zu machen, an eine statistische Disbalance dachte Spurrier nicht. Als Juroren konnte Spurrier neun Weinfachleute, alle Franzosen gewinnen:
  1. Odette Kahn, Herausgeberin der Revue du Vin de France
  2. Jean-Claude Vrinat, Eigner des Restaurants „Taillevent“ in Paris mit 3 Michelin-Sternen
  3. Raymond Oliver, Inhaber des Restaurants „Le Grand Vefour“, 3 Michelin-Sterne
  4. Christian Vannequé, Sommelier des Restaurants „Tour d`Argent“, 3 Michelin-Sterne
  5. Aubert de Villaine, Winzer, Teilhaber der „Domaine de la Romanée-Conti“
  6. Pierre Tari, Eigentümer des Château Giscours bei Bordeaux
  7. Pierre Bréjoux, Generalinspekteur des französischen AOC-Institutes und Buchautor
  8. Michel Dovaz, ein Bekannter von Spurrier und Weinautor
  9. Claude Dubois-Millot, Mitbegründer von GaultMillot
Spurrier und seine Mitarbeiterin Gallagher verkosteten ebenfalls, die Benotungen flossen aber nicht in das Ergebnis ein. Angesichts des für Frankreich desastösen Ergebnisses hätten wohl die meisten der Verkoster später gerne auf diese Veranstaltung verzichtet, mussten sie sich doch eine durchaus aggressive Kritik gefallen lassen. Von allen eingeladenen Journalisten kam am Ende einzig George Taber, damit der einzige unabhängige Zeitzeuge.

Spannend erzählt Taber den Ablauf und das Set Up der Verkostung. Immer wieder kritisiert wurde später die einfache statistische Auswertung der Benotungen, die nach dem britischen 20 Punktesystem (das Parker-System gab es noch nicht!) erfolgte. Die Weißweine wurden zuerst bewertet und Taber entschloss sich, das Zwischenergebnis bekannt zu geben:
  1. Chateau Montelena Winery 1973
  2. Meursault Charmes Roulot 1973
  3. Chalone Vineyard 1974
  4. Spring Mountain Vineyard 1973
  5. Beaune Clos des Mouches, Joseph Drouhin 1973
Insgesamt ein triumphaler Sieg für die kalifornischen Weißweine. Der Sieger lag mit 132 Punkten deutlich vor dem Zweiten mit 126,5 Punkten. Zu einer echten Sensation entwickelte sich die Verkostung aber nach der Bewertung der Rotweine, allerdings war das Ergebnis denkbar knapp und unter den ersten vier Weinen lagen drei Weine aus dem Bordelais:
  1. Stag`s Leap Wine Cellars 1973
  2. Château Mouton-Rothschild 1970
  3. Château Montrose 1970
  4. Château Haut-Brion 1970
  5. Ridge Vineyards Monte Bello 1971
Aber: gewonnen hatte auch bei den Rotweinen ein völlig unbekannter kalifornischer Wein, gemacht aus Trauben von Reben, die nur wenige Jahre alt waren. Detailliert beschreibt der Autor den Weg, den diese Nachricht durch die Presse nahm. Totgeschwiegen in Frankreich und hochbejubelt in den Vereinigten Staaten entwickelte diese Verkostung eine völlig eigene Dynamik. Erstmals setzte sich in der Weinwelt die Erkenntnis durch, dass auch in anderen Teilen der Welt Spitzenweine produziert werden können. Die Auswirkungen dieses Teils der Globalisierung wird in dem letzten Teil des Buches ebenso ausführlich analysiert. Die Verkostung von 1976 wurde an mehreren Orten mit unterschiedlichsten Weinen und Verkostern mehrfach wiederholt. Viele Kritikpunkte an der Auswahl der Weine und der Art der Durchführung wurden in der Folge hitzig diskutiert. Nachverkostungen der Weine widerlegten auch das Argument der besseren Alterungsfähigkeit der französischen Weine. Aber nie wieder beteiligten sich Franzosen an den Nachverkostungen!

Das Buch bietet nicht nur ein großes Lesevergnügen, sondern auch eine enorme Breite von Details über Weine, das Weinmachen und die globale Weinindustrie. 300 spannende Seiten, die den Leser tief in die Welt des Weines einführen. Über das historische "Paris Tasting" kann es wohl keine authentischere Quelle geben, für kalifornische Weine und die Entwicklung der Weinindustrie dort gilt dies vermutlich ebenso. So verwundert es nicht, dass das Buch als Basis für den im Sommer 2009 veröffentlichten Film "Bottle Shock" diente.

Unsere Bewertung: