Bordeaux Total

Pocket Guide




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René Gabriel
Gebundene Ausgabe, 288 Seiten (2006)
Verlag Orell Füssli, WeinWisser Verlag, ISBN: 3280051940

Autor(en):
René Gabriel kann man wohl als den europäischen Robert Parker bezeichnen. Sein Standardwerk "Bordeaux total" konkurriert mit dem entsprechend Werk des Amerikaners. Dabei legt Gabriel mehr Wert auf Eleganz und Finesse und ist von den Frucht-, Alkohol- und Tanninbomben weniger begeistert. Als langjähriger Einkaufschef von Mövenpick kennt er die Weinszene wie wenige. Gabriel ist vielfältig publizistisch tätig.

Covertext:
René Gabriel gilt als einer der einflussreichsten Weindegustatoren im deutschsprachigen Raum. In seiner 20jährigen Berufserfahrung hat er schon mehr als 30.000 Bordeaux verkostet und bewertet. Seine bisherigen Ausgaben vom großen "Bordeaux Total" gelten als Klassiker in der Weinszene. Nun ist mit diesem "Pocket Guide" erstmals eine Taschenausgabe erschienen.
Unser Eindruck:
Parker und Gabriel bilden die hierzulande bekannten Pole bei der Bewertung von Bordeaux-Weinen. Während Parker international stärker beachtet wird und mehr Einfluss auf die Preisentwicklung der Weine hat, fühlen sich viele Europäer mit den Kommentaren und Bewertungen von Gabriel wohler. Beide Bordeaux-Kritiker haben ihre Verkostungsnotizen und Bewertungen in dicke Bücher gepackt, die heute als Klassiker der Weinliteratur gelten.

Das vorliegende Taschenbuch, "zufällig" exakt gleich groß und gleich eingefärbt wie die Taschenausgabe des "Großen Johnson" (!), ist eine kompakte Zusammenfassung des großen "Bordeaux Total"-Buches. Das praktische und handliche Büchlein enthält auf 288 Seiten die Bewertung der Weine von über 400 Châteaux. Die Jahrgangsbewertungen umfassen generell die Jahrgänge 2005 (!) bis 1961, allerdings nur bei den großen Weingütern sind diese Listen weitgehend komplett. Bei kleineren Gütern sind zumeist 9 Jahrgänge enthalten, nur ganz selten weniger. Damit findet der Leser praktisch alle am Markt befindlichen Weine und viele der bei Auktionen angebotenen Flaschen. Das Buch enthält allerdings nur die Punktebewertungen und keine verbale Beschreibung.

Mit viel Aufwand hat René Gabriel seine eigene Bordeaux-Klassifikation errechnet. Dabei zählt der Durchschnitt der Bewertungen der vergangenen 10 Jahre. Die Klassifikationskategorien von 1855 wurden beibehalten, die Zuordnung der Güter ergibt sich quasi mathematisch und verändert sich mit dem 10-Jahres Gleitwert. Der Charme dieser Vorgehensweise ist auch, dass erstmals alle Bordeaux-Appellationen in eine einzige Klassifikation eingeordnet werden. So erfüllen 17 Weingüter das Kriterium "Durchschnitt > 18,0 Punkte" für die höchste Kategorie "Premiers Grands Crus Classés". Neben den klassischen fünf Premiers sind dies Ausone, Cheval Blanc, Lèglise-Clinet, Gruaud-Larose!, Lafleur, Léoville-Barton, Léoville-Las-Cases, La Mission Haut Brion, Montrose!, Pétrus, Le Pin und Valandraud. Angélus und Ducru Beaucaillou wurden zurückgestuft. Überraschend ist hier vor allem die hohe Bewertung von Gruaud-Larose und Montrose, beide verfügen zwar über anerkanntermaßen beste Terroirs, liefern aber schwankende Qualitäten.

Überraschend, verglichen mit anderen Bewertungen, sind auch zahlreiche Weinbewertungen. So bekommt z.B. der Mouton Rothschild 2002 20 Punkte und wird mit dem 1982er verglichen. Sympathisch aus der Sicht des Rezensenten, aber überraschend, ist auch die jüngst durchweg hohe Bewertung von Pichon Lalande. Leider ist der 2006er Jahrgang noch nicht im Buch enthalten, in diesem Jahr vergibt Gabriel erstmals 20 Punkte für Lalande. Fazit: die Bewertungen folgen nicht dem "Mainstream", sondern sind unabhängig und bieten oftmals neue Perspektiven.

Die Taschenbuchausgabe ist ein idealer Begleiter für Einkaufstouren, Auktionen oder Weinreisen und erlaubt eine schnelle Orientierung. Die vielen Tabellen und Punktzahlen machen es zu einem Lexikon, nicht aber zu einem Lesebuch. Dafür muss man die ausführliche Version kaufen. Der Preis von knapp 30.- € für das "Taschenbuch" ist happig und lehnt sich an die hohen Bordeaux-Preise an. Das Buch belegt, dass Gabriel nicht nur ein Degustationsexperte sondern auch ein ausgewiesener Wirtschaftsexperte ist. Ein Buch für Punkte-Freaks, Bordeaux-Fans sparen auf die große Ausgabe.

Unsere Bewertung: