Vincent Chaperon meets Christian Jürgens

20. Oktober 2019



Mit der Präsentation des Dom Pérignon Vintage 2008 vor etwas mehr als einem Jahr übernahm Vincent Chaperon das legendäre Amt des Kellermeisters bei Dom Pérignon von seinem Vorgänger Richard Geoffroy, selbst längst eine Legende. Vincent Chaperon begibt sich häufig auf Reisen, um sich selbst vorzustellen und die Einzigartigkeit der Marke Dom Pérignon zu erläutern. An einem regnerischen Oktobertag machte er am Tegernsee Halt und moderierte ein ganz auf Dom Pérignon abgestimmtes Menü seines Freundes und Spitzenkochs Christian Jürgens. Für diesen Event wurde mit viel Aufwand das Restaurant Überfahrt, mit drei Michelin Sternen dekoriert, in eine Dom Pérignon Lounge verwandelt.


Das Team um Christian Jürgens verwandelte das Restaurant Überfahrt in eine Dom Pérignon Lounge.

Das Menü wurde begleitet von den vier Champagnern Dom Pérignon Vintage 2008, Dom Pérignon Vintage 2009 sowie den Plénitude Versionen P2 Vintage 2000 und P2 Vintage 2002. Die enormen Kontraste dieser vier Produkte sollten einerseits das große geschmackliche Spektrum von Dom Pérignon belegen und andererseits zwei der drei Dimensionen von Dom Pérignon aufzeigen: 1. die Jahrgangscharakteristik, 2. die Farbe (Blanc oder Rosé) und 3. die Zeit in Form einer dezidierten Reifestufe, Plénitude ("P") genannt. Langjährige Dom Pérignon Liebhaber wissen, dass man die Plénitude früher zusammenfasend als "Oenotheque"-Version bezeichnet hat.

Dom Pérignon Vintage 2008
Ein großartiger Champagner aus einem fast perfekten und dennoch kühlen Jahrgang. Die faszinierende Säurestruktur verleiht dem 2008er eine verblüffende Frische, Eleganz und Präzision ohne Einbußen bei der Fruchtfülle zu machen. Am Gaumen entwickelt er unglaubliche Energie mit einer feinen, delikaten Salzspur. Großartiger Abgang mit kraftvollen, süßen, weißen Früchten und toller Länge. Der für Prestige-Cuvées eher untypisch hohe Chardonnay-Anteil gibt dem 2008er eine fast strenge aber super feine und komplexe Aromenbasis. Vincent Chaperon merkt noch an, dass er in der Diskussion mit Richard Geoffroy nach Möglichkeiten gesucht hat, diesem großen, aber ungestümen Champagner noch etwas mehr Balance und Rundheit mitzugeben. Ganz offensichtlich ist das optimal gelungen.



2008, ein kühler, aber herausragender Champagner-Jahrgang - auch für Dom Pérignon.

Dom Pérignon Vintage 2009
Der Dom Pérignon Vintage 2009 ist fast ein kompletter Kontrast zum Vintage 2008. Ein sehr warmes Jahr führte zu extrem reifen und fruchtsüßen Trauben. Der Vintage 2009 ist entsprechend aufgeladen mit einer für Dom Pérignon ungewohnten Fülle an reifen Früchten. Es ist ein Champagner, der dem Gaumen vordergründig schmeichelt und auch ohne lange Lagerung viel Trinkspaß vermittelt. Die Präferenzen der Gäste bezüglich dieser beiden Jahrgänge hätten kaum weiter auseinander liegen können. Vincent Chaperon merkt noch an, dass mit dem Klimawandel warme Jahrgänge eher die Regel als die Ausnahme werden. Das ist für die Champagne zwar grundsätzlich positiv, die Frage bleibt aber, wie lange sich solche Champagner aus extrem warmen Jahrgängen lagern lassen. Gerade das Haus Dom Pérignon legt größten Wert auf eine "quasi ewige" Lagerfähigkeit.


Dom Pérignon P2 Vintage 2000
Die P2-Version des Vintage 2000 wurde nach 16 Jahren Reifezeit auf der Hefe degorgiert, ein Zeitraum, nach dem Dom Pérignon Champagner regelmäßig eine Reifestufe von höchster geschmacklicher Intensität erreichen. Dennoch merkt man diesem Champagner aus einem ebenfalls warmen Jahrgang das fehlende Säuregerüst an. Dafür überzeugen die reifen Früchte, die ihre Aromen aber erst langsam im Glas entfalten. Neben den kraftvollen und herrlich energiegeladenen anderen Champagnern hatte der P2 2000 an diesem Abend keine Chance.



Fein, aber nicht die Ausnahmequalität des P2/2002 erreichte der P2/2000.

Dom Pérignon P2 Vintage 2002
Unbestrittener Star des Abends war der großartige P2 2002. Neben 2008 ist der Jahrgang 2002 in der Champagne der beste der ersten Dekade und auch der beste seit dem großen Jahrgang 1996. Ein mineralischer, kraftvoller Champagner mit den intensiven Brioche- und Toastbrot Aromen lange auf der Hefe gereifter, großer Champagner. Perfekte Balance und Länge sowohl am Gaumen als auch am super feinen Abgang. Schon die goldgelbe Farbe verspricht Intensität und Dichte. Süße, reife Früchte, umspielt von einer feinen, reifen Säure lassen Staunen. Filigran und kraftvoll, süß und salzig, dieser Champagner vereint alle Gegensätze. Groß und ein würdiger Nachfolger des unsterblichen Oenotheque 1996!


Dom Pérignon, immer ein Vintage Champagner


95% aller in der Champagne hergestellten Flaschen sind Verschnitte von Grundweinen aus mehreren Jahren, zu groß ist den Produzenten das Risiko eines aggressiven Wetters ohne die Möglichkeit, negative Entwicklungen kompensieren zu können. Vincent Chaperon betont, Dom Pérignon verfolgt hier einen einzigartigen Weg, sieht in der Herausforderung eine Chance. Ziel des Hauses ist es, die Jahrgangscharakteristik zu betonen, sie sogar herauszuarbeiten. Anstelle nur die besten Jahrgänge als "Vintage" zu deklarieren macht man ausschließlich Jahrgangs-Champagner. Über die Jahre hinweg entsteht so eine "Bibliothek" an Dom Pérignon Interpretationen, die den Stil des Hauses zusammenfassen. Diversität also anstelle Jahr für Jahr eine definierte Geschmacksrichtung der Maison. Während Dom Pérignon früher nur wenige Jahrgänge vermarktet hat sei die Quote auf etwa 7 Jahrgänge pro Dekade gestiegen. Ziel ist es, künftig möglichst alle Jahrgänge zu produzieren und zu vermarkten. Der Klimawandel mit Erderwärmung hilft dabei, bereits die letzten 15 Jahrgänge seien wesentlich seltener feucht gewesen.

Dom Pérignon, Blanc und/oder Rosé


Eine weitere, an diesem Abend nicht demonstrierte Dimension von Dom Pérignon ist die Farbe des Champagners. Allerdings wird nicht immer wird auch eine Rosé-Variante deklariert und es gibt sogar einen Jahrgang 1986, in dem wurde nur ein Rosé deklariert.

Dom Pérignon, 3 klar definierte Reifestufen


Über unzählige, systematische Verkostungen konnte man feststellen, dass die Champagner unter Hefelagerung nicht linear mit der Zeit, sondern in drei klar zu unterscheidenden Phasen (Plénitudes) reifen. Die erste stellt sich nach 6-8 Jahren Reifung ein und markiert mit ihrer Balance und Komplexität ein erstes komplettes Bild von dem jeweiligen Dom Pérignon Vintage. Diese "P1"-Variante wird als "Vintage" in den Markt gegeben. Eine kleinere Menge hält das Haus zurück und degorgiert nicht. Nach rund 16 Jahren erreichen die Champagner die zweite Reifephase. Durch die Lagerung wird das Geschmacksprofil intensiver und fokussierter, gewinnt mehr Intensität, Konturen und Reichhaltigkeit ohne seine Frische und Präsenz einzubüßen. Die Energie und Lebendigkeit des Champagners erreicht hier seinen Höhepunkt. Die dritte Reifephase "P3" beginnt nach einem Zeitraum von 25 Jahren und kann leicht noch weit darüber hinaus liegen. Aktuelle P3-Versionen von Dom Pérignon stammen aus den 1980er oder 1970er Jahren. Aber auch einzelne 1960er Jahrgänge werden in kleinsten Auflagen neu vermarktet. Es sind dies faszinierende Zeitzeugen und gleichzeitig können sie unvergeßliche Geschmackserlebnisse vermitteln.

Es ist erfreulich zu sehen, dass man sich bei Dom Pérignon der Komplexität der Geschmackserlebnisse stellt und wieder auf die Top-Gastronomie abzielt. Wenige Prestige-Champagner können derart überraschen, positiv und auch negativ. Die Philosophie des Hauses ist nicht einfach zu verstehen, setzt viel Champagner Know How voraus und nicht oft hat man Gelegenheit, die Kontraste nebeneinander zu verkosten. Vincent Chaperon, auch vom Typ her ein scharfer Kontrast zu Richard Geoffroy, ist ein sehr offener und kommunikativer Mensch, geht auf die Gäste zu und sucht den Dialog. Geradlinig, einfach und präzise formuliert er seine Botschaft, fast so wie der Vintage 2008.

Zum Kaffee reicht das Team um Christian Jürgens noch einen ordentlichen Krapfen. Und merkt danach an, dass ihm die konsumierte Säure nach einem Champagner-Tasting wohl bewußt sei. Um den Gästen eine Kompensation zu ermöglichen wäre ein Krapfen genau das richtige Mittel. Perfektion.