München, 20. Mai 2012 - Alpina Auslese 2012

20. Mai 2012



Vier Jahrgänge des berühmten Bonnes Mares von Comte de Vogüé gab es zu verkosten. Das gibt es auch in München nicht jeden Tag!

München, 20. Mai 2012. Es war ein perfekter Sonntag im sommerlichen München, an dem das Weinimporthaus Alpina aus Buchloe rund 60 seiner besten Winzer präsentierte. Alpina ist ja bekannt vor allem für seine exklusiven Automobile auf BMW-Basis, hat sich aber unter der Führung seines charismatischen Firmenchefs Burkard Bovensiepen (im Bild links oben) in den letzten Jahren zu einem der bedeutendsten Weinhandelshäuser in Deutschland entwickelt. Und nur Burkhard Bovensiepen kann es gelingen, so viele absolute Spitzenerzeuger an einem Wochenende nach München zu holen, um ihre besten Weine einem ausgesuchten Publikum vorzustellen.

Besonders spannend war die Idee, nicht die Produktpalette, sondern eine Vertikale von vier ausgesuchten Jahrgängen - in der Regel zwischen 1996 und 2006 - anzubieten, was in dieser Breite an Produzenten und Extraklasse an Weinen sicher einmalig war. Das schöne und angesichts der sommerlichen Temperaturen erfreulich luftige Ambiente mit Schatten spendenden Kastanien im Innenhof war perfekt für diesen Hochgenuss geeignet. Die dort aufgebaute Ausstellung von Traumfahrzeugen aus dem Haus Alpina sorgte für einen weiteren Höhepunkt.


Gastfreundschaft ist ein Grundprinzip des Hauses Alpina. Auf welch enormem Niveau man dies zelebriert, wurde auf der Praterinsel in München mehr als deutlich.

Die Produzenten stammten mehrheitlich aus Frankreich und Italien, es waren aber auch einige Weingüter aus Kalifornien, Spanien, Deutschland, Österreich und sogar Portugal vertreten. Alleine die Vertreter aus dem Burgund, dem Bordelais, dem Rhà´netal, dem Piemont und der Toskana zeigten, welche PS-Stärke man im Haus Alpina schätzt. Masseto, Sassicaia, Gaja, Romano Dal Forno legten die Messlatte für Italien schon extrem hoch. Pontet Canet, Lynch Bages, Cos d´Estournel, Chave, Yquem und Comte de Vogüé belegten, was die Elite Frankreichs hervorzubringen im Stande ist. Deutschland war durch Egon Müller und Hans-Jörg Rebholz bestens vertreten.

Wenn man bedenkt, welche außergewöhnlichen Weingüter nach München gekommen waren, machte es schon fast betroffen zu sehen, dass sich die Menschenschlangen sehr ungleich verteilt haben. Die Belagerungszustände bei Yquem und den Stars aus Italien und dem Bordelais haben sich den ganzen Tag über nicht aufgelöst. Das prominent vertretene Burgund war dann doch eher etwas für Spezialisten.


Am Nachmittag wurde es richtig voll auf der Praterinsel. Das Publikum bekam ein Feuerwerk der größten Weine aus ebenso großen Jahrgängen präsentiert.

Das Spektrum der zur Verkostung angebotenen Weine reichte von Champagner über zahlreiche Weißweine aus der alten und der neuen Welt über Süßweine bis zu den großen Rotweinen. Hochprozentiges gab es vom berühmten Hans Reisetbauer aus Oberösterreich. Gleich am Eingang empfing die Gäste Pascal Doquet mit vier Winzerchampagnern. Besonders eindrucksvoll waren die beiden Grands Crus "Le Mesnil-sur-Oger" aus den Jahren 1996 und 1999. Nicht weit entfernt, sozusagen als Brücke zwischen Österreich und der Rhà´ne Marcel Deiss aus dem Elsass. Sein 2002er Grand Cru aus der berühmten Lage Altenberg zeigte sich derart konzentriert und reichhaltig, dass man unwillkürlich an Yquem erinnert wurde.

Dort das Verkostungsglas gefüllt zu bekommen erforderte zeitweise etwas Geduld. Die aber wurde reichlich belohnt, der wunderbare "Y" 2006 (gesprochen "i-greck") ist ein Geheimtipp und perfekter Speisenbegleiter auf höchstem Niveau. Hätte man den 1997er Yquem vor dem 1986er probiert, wäre man sicher begeistert gewesen, so aber stellte der 86er den 97er derart in den Schatten, dass es schon unfassbar war. Der 86er Yquem war sicherlich einer der Top-Weine des Tages, ungeheuer komplex, fein und von einer zitrusbetonten Frische, die sprachlos macht. Während man noch über den endlosen Abgang staunt, erklärt Renaud Ruer, dass zu Yquem eigentlich nur Käse wirklich passt, Yquem sei definitiv KEIN Dessertwein. Und Foie Gras? Nein, nein, nur Käse, Foie Gras und Yquem ist zuviel, der "Y" passe da viel besser. Wieder etwas gelernt.


Dicht umlagert waren die Herren Jean-Luc Pépin (links, Comte de Vogüé) und Alfred Tesseron (rechts, Pontet Canet), die die furiosen Weine ihrer Häuser mit Begeisterung präsentierten.

Die Palette der großen Rotweine war derart breit, dass man Bücher mit den Beschreibungen füllen könnte. Auf einen Seite die eleganten, feinen Burgunder. An der Spitze Comte de Vogüé mit vier Jahrgängen Bonnes Mares: 1997, 2000, 2001 und 2002. Wohl dem, der diese phantastischen Weine vor dem Marmeladenaufstrich aus Kalifornien gegenüber verkostete. Was gibt es über Bonnes Mares noch zu sagen? Er ist so großartig, dass die Jahrgangsunterschiede buchstäblich verschwimmen. Mit mehr vordergründiger Power ausgestattet sind die Hermitage-Weine von Jean-Louis Chave. Chave hatte je zwei Blanc und Rouge Weine mit dabei, also keine Vertikale von vier Jahrgängen. Der 2006er Rouge ist ein Klassewein aus 100% Syrah mit großartiger Frucht und Struktur. Kein Wunder, dass die internationale Weinkritik für die Top-Rhà´neweine ständig Höchstnoten vergibt. Enttäuschend hingegen der Trevallon, der Wein verführt mit der Nase aber hält im Mund nicht durch, verliert seine Frucht und hinterlässt im Abgang Ratlosigkeit und Fehltöne.

In der Abteilung Bordeaux und Italien wurde es dann richtig ernst. Es war vielleicht ein Fehler, aber die Chance den Masseto quer verkosten zu können war zu verlockend, um zu warten. Zur Auswahl standen 1994, 1998, 2002 und 2006. Und dann gleich der 2006er! Der Wein war schlichtweg atemberaubend, hier stimmte einfach alles. In best verstandener Subjektivität: der beste Wein des Tages, ein einzigartiges Geschmackserlebnis. Originalton Antonio Galloni: "In my view the 2006 is the greatest Masseto ever made" (99, Nov 2011). Und noch ein Zitat: "A wine of breathtaking depth, it also reveals superb clarity, freshness and vibrancy in a sumptuous, beautifully-balanced style." Dem ist überhaupt nichts hinzuzufügen. Verwunderung über den präsentierten 2002er. Den muss man probieren, meint Tim Banks von der Tenuta Dell´Ornellaia, das Problem mit dem Regen hätte man in Bolgheri nicht gehabt. Und tatsächlich ein sehr guter Masseto, leider ohne Chance gegen 2006, genauso wie die beiden Jahrgänge aus den 1990er Jahren. Da sieht man einmal, was Jahrgangsunterschiede ausmachen können.


Wer so einen Wein produziert, Axel Heinz, bekommt ein eigenes Foto! Masseto 2006, der beste Wein der Veranstaltung.

Vom Stand der Tenuta Dell´Ornellaia brauchte man sich nur herumzudrehen um zu Gaja zu gelangen. Angeboten wurden die Jahrgänge 1997, 1998, 2000 und 2003 des Barbaresco. Dieser Wein ist sicher das Aushängeschild von Angelo Gaja, liegt aber doch ein Stück hinter den drei Lagenbarbaresci zurück. Noch mit dem phänomenalen Geschmackserlebnis des Masseto in Mund und Gedächtnis hatte es der schlanke, elegante 97er sehr schwer. Dennoch, ein toller Wein, aber eben kein Biturbo. Dann doch lieber wieder zurück zu den großen Merlots, in diesem Fall zu Valandraud (70% Merlot). Leider war Jean-Luc Thunevin nicht persönlich anwesend, er ist eine faszinierende Persönlichkeit und kämpft momentan massiv um die Aufnahme von Valandraud in die Gruppe der klassifizierten Güter in St.-Émilion. Viel Lob und viel Häme ist über seine Weine ausgeschüttet worden und doch sind das ganz einfach großartige Merlots mit Kraft und Saft und trotzdem einer geschliffenen Eleganz, die nur St.-Émilion hervorbringt. Der 2005er zeigte dann auch alle diese Eigenschaften und belegte, dass die fast unmittelbare Nachbarschaft zu Masseto klug gewählt war.

Von all den Highlights aus Italien seien noch zwei erwähnt. Der Klassiker Sassicaia war mit den Jahrgängen 1998, 2000, 2003 und 2004 vertreten, allesamt noch aus der kleinen Schwächephase der Tenuta San Guido. Große Bordeaux-Blends, ja, nicht von der Klasse eines 2001er oder gar 2006er. Leiden auf hohem Niveau eben. Gegenüber dann Dal Forno, wie immer ein Ausflug in die rote Süßweinabteilung. Der Amarone ist praktisch schwarz wie Tinte und so konzentriert und süß wie Sirup von schwarzen Früchten. Wer es mag ...

Mineralwasser, Espresso und wieder Mineralwasser und schon kann die Reise durch das Bordelais beginnen. Große Châteaus und große Jahrgänge in Reih und Glied, das ist kaum noch aufzunehmen. Cos d´Estournel mit 1999, 2000, 2001 und 2006 hat allerdings seine großen Jahrgänge zuhause gelassen - schade. Übrigens schenkt man auch auf dem Château nur die kleinen Jahrgänge aus - eine vergebene Chance! Aber man muss Verständnis haben, wer gebaut hat ist zum Sparen gezwungen... Smith Haut Lafite, 2009 mit seinem ersten 100 Parker-Punkte Weine, Haut-Bailly, auch jüngst ein Shooting-Star, Lynch Bages, Branaire Ducru und Phélan Ségur in einer Reihe, Tisch an Tisch. Und dann steht in der Ecke Alfred Tesseron persönlich und bedient mit freundlicher Geste die zahlreichen Gäste um seinen Stand. Und er hat sie dabei, die großen 2003 und 2005 von Pontet Canet. 2003 ist wirklich der Durchbruch für dieses wunderbare Château gewesen. Man möchte diesen herrlichen Wein garnicht mehr aus dem Mund lassen, weder schlucken noch ausspucken. Darf es ein Foto sein, Monsieur Tesseron? Aber gerne! - Ohne Worte.

Zum Abschluss noch einmal ein kurzer Besuch bei à€mina Negra aus Mallorca. Senoir Cerdà  läd auf einen Besuch zur Urlaubszeit ein und bietet an, in Felanitx abzuholen, das Gut findet auf eigene Faust niemand. Ach ja, der 2004er ist ein umwerfender Wein mit enormer Kraft und Frucht aber feinem Säurespiel. Es ist ein seltenes Ereignis, das ein Wein zuhause besser schmeckt als im Urlaub vor Ort - hier ist es eingetroffen. Wir freuen uns auf den Besuch.


Die gezeigte Leistungsdichte bei Autos und Weinen lässt kaum noch Spielraum nach oben.

Erstmals auch weicht am Nachmittag der Neid auf Parker & Co, die den ganzen Tag nur beste Weine verkosten, und so ein Gefühl von Mitleid macht sich bemerkbar. Weine in dieser Menge und Dichte zu verkosten ist harte Arbeit. Schade auch, dass man nicht schlucken darf, sonst ist man mit der Kondition ganz schnell am Ende. Jetzt, wo es Zeit für den Heimweg ist, noch einen Schluck Yquem 86 in den Hof mitnehmen und richtig genießen. Was für ein Tropfen! Er egalisiert Raum und Zeit.

Danke zu sagen an Markus Geigle und sein Team für diesen fantastischen und perfekt inszenierten Sonntag ist nicht nur eine Pflicht. Der Dank ist auch mit zwei kleinen Bitten verbunden: 1. wieder kommen zu dürfen und 2. alle Flaschen Masseto 2006 und Musigny / Bonnes Mares 2009 des Hauses Alpina so lange zu reservieren, bis man sie sich leisten kann. Es kann allerdings noch etwas dauern ...