Kann man Benzin und Wein mischen?

20. August 2007


Die weltberühmten Premier Crus Lafite Rothschild und Mouton Rothschild liegen in der Nähe von Bordeaux in dem kleinen Städtchen Pauillac. Die außerordentliche Qualität der Lagen liegt u.a. darin begründet, dass sie sich in Sichtweite der Flußmündung Gironde befinden, die nicht nur für ein besonderes Mikroklima sondern auch für eine entsprechende Grundwasserlage sorgt. Weitere hochklassifizierte Güter, die auch von diesem einzigartigen Terrior profitieren, liegen ebenfalls in der Appellation Pauillac, was den Ruhm dieses Weinanbaugebiets über Jahrhunderte ausgemacht hat.

Die optimalen Bedingungen durch die meerähnliche Flußmündung gelten aber auch für Industrien, die auf Seetransport angewiesen sind. Und so wurde 1932 in Pauillac durch die Firma Shell direkt an der Gironde eine Raffinierie erbaut, die in den folgenden Jahrzehnten weiter ausgebaut wurde. 1952 hatte die Raffinerie eine Kapazität von 1 Mio. Tonnen. Seit 1988 ist die Raffinierie stillgelegt und abgebaut, die Lagertanks werden jedoch weiter genutzt.

Während in den 1930er Jahren die Weingüter im Bordelais eine sehr schwere Zeit zu überstehen hatten (viele Châtaux wurden damals notverkauft), war man in der Region vielleicht über die neu geschaffenen Arbeitsplätze froh. Dass die Raffinerie aber gerade in Sichtweite der beiden Rothschild-Güter errichtet wurde erscheint aus heutiger Sicht schon ziemlich eigenartig. Zwar wurde von Seiten des Betreibers wohl versichert, man sei sich der besonderen Verantwortung und Weinbautradition in Pauillac bewußt und wohl wurden die damals besten verfügbaren Umweltstandards umgesetzt, jedoch kann man historischen Quellen entnehmen, dass sich Winzer und Raffinieriebeschäftigte zwar "brüderlich begrüßt" hätten, sich sonst jedoch aus dem Weg gegangen seien.

Benzin und Wein lassen sich eben nicht mischen, das ist heute sicherlich klar. Was bleibt ist ein riesiges Raffineriegelände inmitten von Grands Crus Classée Lagen, dessen Skyline noch immer von Öllagertanks bestimmt wird.

Damit die Freunde über die stillgelegte Raffinerie nicht überschäumt, wurde auf dem gegenüber liegenden Gironde-Ufer noch ein weithin sichtbares Atomkraftwerk gebaut. Energieprobleme dürften bei den bordelaiser Spitzenweingütern daher in absehbarer Zukunft keine auftreten...