Fine - Das Weinmagazin



Tre Torri Verlag, Wiesbaden
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Erscheint 4 Ausgaben

Heft 2008 | 3, Jahrgang: 2008



Antinori, De Marchi, Gaja und Sandrone
Vier Fahnenträger des italienischen Weins

Über Tradition, Wandel und Zukunft einer Weinnation
von Essi Avellan (MW, Text), Pekka Nuikki (Fotos)
Seite 114 - 129


Noch in den 1960er Jahren lag der italienische Weinbau völlig am Boden. Eine reine Mengenoptimierung, ruinöse Preise und eine nicht mehr zeitgemäße, wenig qualitätsorientierte Weingesetzgebung hatten zur Aufgabe der Weinbaubetriebe und einer massenhaften Landflucht geführt. In dieser Situation sahen einige wenige Vertreter einer damals jungen Winzergeneration nur einen Ausweg: mit den Traditionen zu brechen und konsequent auf kompromißlose Qualität zu setzen. Heute zählen diese "jungen Wilden" zu den gefeierten Stars unter den Weinproduzenten in Italien, die ihre Weine zu horrenden Preisen absetzen können.

FINE skizziert den Weg des italienischen Weinbaus anhand von Portraits der Winzerpersönlichkeiten Piero Antinori, Paolo de Marchi (Isole und Olena), Angelo Gaja und Luciano Sandrone. Mit Mut und Entschlossenheit begannen sie vor Jahrzehnten damit, neue Spitzenlagen in der Toskana und im Piemont zu kultivieren, hochqualitative Klone zu verwenden, die Erträge drastisch zu reduzieren und die Vinifizierung auf den neuesten Stand der Technik zu bringen. Eine besondere Rolle spielte auch die völlig unübliche Einführung von internationalen Rebsorten wie Cabernet Sauvignon, Merlot oder Syrah und den Verschnitt mit den traditionellen Rebsorten Sangiovese oder Nebbiolo. Dafür nahm man in Kauf, dass die Weine nach dem italienischen Weingesetz nur noch als Tafelwein deklariert werden durften. Beispiele für solche Cuvées, die international sehr schnell große Beachtung fanden, sind der 1974 eingeführte Tignanello, der 1978 gestartete Solaia (beide Antinori) oder die 1978 erfolgte Neupflanzung für den Darmagi von Gaja. War die Cuvée in der Toskana ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg, so gilt dies für die Einzellagenvinifizierung und Vermarktung im Piemont, das hierin dem Burgund stark ähnelt. Der Barbaresco Sori San Lorenzo, ein Lagen-Barbaresco von Gaja, war einer der ersten und erfolgreichsten Vertreter ebenso wie Sandrones Barolo Cannubi.

Der Erfolg in den vergangenen 20 Jahren hat diesen Erneuerern Recht gegeben, mit großem Marketinggeschick konnte z.B. Gaja seine hoch bewerteten Weine in der Weltspitze etablieren. Für Großbetriebe wie Antinori mit seiner jahrhunderte alten Tradition stellt sich damit aber auch die Aufgabe, das Sortiment über viele Preisklassen dem Verbraucher zu erklären. Da bleiben viele andere Betriebe eher in der Größe der für Italien so typischen Familienbetriebe mit großer Authentizität der Produkte, Erweiterungen der Rebflächen oder größere Investitionsabenteuer sind hier weniger an der Tagesordnung. So hat z.B. Gaja eine engere Zusammenarbeit mit Mondavi nicht weiterverfolgt. Alle vier portraitierten "Grandseigneurs des italienischen Weinbaus" stehen heute an der Schwelle der Übergabe der Betriebe an die nächste Generation. Die hat den Vorteil, nicht nur bestens ausgebildet zu sein, sondern auch auf eine Vätergeneration zu treffen, die Tradition nur für die Innovation von gestern hält und damit für den weiteren Wandel aufgeschlossen ist.


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