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Tre Torri Verlag, Wiesbaden
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Erscheint 4 Ausgaben

Heft 2009 | 3, Jahrgang: 2009



Vollender des Barbaresco
Angelo Gaja ist heute auf der Höhe seiner Winzerkunst
von Susanne Reininger (Text), Johannes Grau (Fotos)
Seite 18 - 29


"Si, tutto Gaja", so beginnt das Portrait von Susanne Reininger über Angelo Gaja, den Doyen der italienischen Weinproduzenten. Der eher geografisch gemeinte Hinweis einer Piemonteserin kann auch übertragen gelten. Nicht nur in dem Örtchen Barbaresco, das ihm zu gehören scheint, auch in der ganzen Appellation und darüberhinaus auch in Italien dominiert Gaja. Der Name steht nicht nur für die Etablierung des italienischen Weinbaus in der Weltliga der feinen Weine sondern auch für zahllose Auszeichnungen: unerreichte 43 "Drei Gläser-Weine" des Gambero Rosso, "Man of the Year" 2008 des Wine Spectator und superlative Kommentare von Weinkritikern sind nur Ausschnitte aus der Legendenbildung.

Er selbst hält dem ein bescheidenes "Ich hatte eben Glück, viel Glück!" entgegen. Glaubhafter hingegen der Hinweis auf das besondere Potenzial der ausgesprochen empfindlichen Nebbiolo-Traube in diesem Terroir: viel Säure und viel Tannin, das er erfolgreich versucht hat zu "zu zähmen um all ihre Facetten zu entfalten". Das Gut, das die Familie Gaja in der vierten Generation seit 1859 bewirtschaftet wurde von ihm mit äußerster Konsequenz in Richtung perfekter Qualität ausgebaut. Grundlage hierfür waren die Spitzenlagen, die insbesondere Angelo Gajas Vater Giovanni erworben hatte. Er hatte hierfür ein besonderes Auge, war er doch von Beruf Landvermesser und Landschaftsarchitekt und nebenbei fast zwei Jahrzehnte Bürgermeister von Barbaresco. 1961 gelang Giovanni Gaja ein erster ganz großer Jahrgang, der unter anderen auch von Michael Broadbent überschwenglich gefeiert wurde. Im gleichen Jahr übernahm Angelo Gaja mit 21 Jahren das Gut mit 21 ha Rebfläche.

Seine erste Entscheidung war, vollkommen auf den Zukauf von fremden Trauben zu verzichten und den Ertrag durch einen Radikalschnitt zu halbieren. Später wurde der Ertrag weiter reduziert. Spätestens seit der Einstellung des Weinmachers Guido Rivella wurde im Ort klar, dass Angelo Gaja mit fast allen Traditionen brach. Rivella war es, der immer wieder die auf ausgedehnten Reisen (u.a. ein Jahr an der Hochschule für Weinbau in Montpellier) geborenen Ideen Gajas umsetzte. Beeindruckt haben Gaja vor allem auch das Burgund und Kalifornien, wo er die Bekanntschaft Robert Mondavis machte. Berühmt aber wurde Gaja durch die gesonderte Vinifizierung von drei Barbaresco Spitzenlagen. Seit 1978 gibt es die Lagenweine Sori San Lorenzo, Costa Russi und Sori Tildin, die heute kaum unter 200 € pro Flasche zu bekommen sind. Der Ruhm der Lagenweine warf zeitweise einen langen Schatten auf den DOCG-klassifizierten Standard-Barbaresco, eigentlich das Flaggschiff von Gaja. Seit 1996 verzichtete Gaja daher auf die DOCG-Klassifizierung und seither reiht sich der Barbarseco, eine Cuvée aus 14 Nebbiolo-Lagen, nahtlos in die Produktreihe mit den Lagen-Crus ein.

Doch Angelo Gaja geht in seinen Bemühungen weit über die Barbarescos hinaus. Sein Darmagi ist ein Bordeaux-Blend aus vornehmlich Cabernet Sauvignon und im Barolo-Gebiet konnte er in Serralunga (Sperss) und La Morra Spitzenlagen erwerben. Berühmt ist auch sein im Barrique ausgebauter Chardonnay Gaia & Rey, einer der besten Weißweine Italiens. Neuere Erwerbungen von Gaja erfolgten in der Toskana und im Bolgheri, hier ist er Nachbar des berühmten Sassicaia.

2007 übertrug Angelo Gaja das Tagesgeschäft auf seine älteste Tochter Gaia, die an der Weinbauschule in Alba und zusätzlich Ökonomie studiert hat. Die etwas jüngere Tochter Rosanna ist diplomierte Psychologin. Im Mittelpunkt aber steht auch heute noch der Vater Angelo mit seinem Charisma und seiner Präsenz auf allen wichtigen Weinmärkten der Welt von Alba bis New York. Aus diesem Grund steht auch er im Vordergrund des abschließenden Portraits der Autorin, die eine selbstbewußte aber durchaus bescheidene, ständig nach Innovationen suchende aber in der Tradition im besten Sinne verhaftete Persönlichkeitsstruktur zeichnet. Kurze Verkostungsnotizen zu einigen Weinen Gajas runden diesen sehr umfassenden Artikel ab. Die Bilder von Johannes Grau sind wie immer eine Augenweide.




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