Bordeaux Jahrgang 1982




Witterung und Vegetationsverlauf 1982


Auf einen ungewöhnlich milden Winter folgte ein schönes Frühjahr. So war der April sehr sonnig und trocken, ohne dass Frost gedroht hätte. Das schöne Wetter setzte sich fort, Anfang Juni war es schon relativ heiß im Bordelais. Die frühe Blüte und der bisherige problemlose Wetterverlauf ließen auf eine frühe Ernte schließen. Dabei holten die Rebstöcke im gleichmäßigen Wachstum sogar noch weiter Zeit ein. Es zeichnete sich ebenfalls bereits früh ab, dass die Erntemenge enorm groß werden würde.

Der Juli war heiß und bis zum Ende des Monats trocken. Dann aber regnete es gerade genug, um den schlimmsten Trockenstress zu mildern. Bis zum 20. August hatten die Trauben ihre Farbe von grün nach rot/schwarz gewechselt (Véraison), ein sehr früher Zeitpunkt. Die tiefe Färbung zeigte dabei schon die sehr hohe Zuckerkonzentration der Trauben an. Dann wechselte das Wetter Ende August und es wurde drei Wochen lang mit bis 40°C sehr heiß. Die große Hitze zu diesem Zeitpunkt war für die Qualität entscheidend, denn die Trauben legten nicht nur an Reife zu, sondern auch an Konzentration. Ohne die Hitze wäre eine so große Ernte niemals völlig ausgereift, was insbesondere für die Säurestruktur enorm wichtig war. Durch das Verdunsten des Wassers in den Trauben nahmen Zucker, Extrakt und Säure gleichermaßen zu, die Reife und Menge an Tanninen erreichte ebenfalls Rekordwerte.

Nun zahlten sich auch die hohen Investitionen vieler Châteaus in temperaturkontrollierte Fermentationstanks aus, denn die Trauben kamen nach der Ernte, die am 14. September etwa zwei Wochen früher als üblich begann, immer noch strahlend vor Hitze in die Keller. Zudem verfügten die Produzenten nun über ausreichende Kapazitäten, um die enormen Mengen aufnehmen zu können. Angesichts der phänomenalen Qualitäten wurden die Ernteteams aufgestockt und die Ernte in Rekordzeit abgewickelt. Auch diese Investition war gut angelegt, denn am 2. Oktober setzte heftiger Regen ein, der sich nicht mehr verzog. Aber da war der Jahrhundert-Jahrgang schon in den Tanks am vergären.


Die 82er Mouton ist vielleicht die berühmteste Flasche dieses Jahrgangs. Leider gibt es auch nicht wenige Fälschungen, also Vorsicht beim Kauf!

Die 1982er Weine


Die Weine das Jahrgangs 1982 sind ungewöhnlich in jeder Beziehung: tiefviolett, fast schwarz gefärbt, mit unglaublicher Fruchtsüße, enormer Kraft und Intensität ausgestattet. Eigentlich sind sie der Gegenentwurf zu einem klassischen Claret, denn diese historische Bezeichnung meint "clair" = "hell" und leicht. Mit einem natürlichen Zuckergehalt so hoch wie seit 1947 nicht mehr stehen die 82er eher dem Typ "full body, Blockbuster" nahe. Man könnte sogar behaupten, es war ein Jahrgang kalifornischer Prägung.

So war es auch ein junger, eher selbst ernannter "Anwalt" der Weinkonsumenten namens Robert Parker, der diesen Jahrgang als absoluten Spitzenjahrgang bejubelte und dies in seinem gerade neu aufgelegten Magazin "The Wine Advocate" kundtat. Dass die Jahrgangs-Charakteristik so gar nicht in das Geschmacksmuster der etablierten Weinkritiker passte, führte zu einer zunächst schroffen Ablehnung des Urteils Parkers. Dass Parker letztlich Recht behalten hat, war die Grundlage seines eigenen Aufstiegs als einflussreichstem Weinkritiker für mehrere Jahrzehnte. Übrigens ist Robert Parker tatsächlich Rechtsanwalt.

Gleichzeitig geht eine weitere Neuerung der Weinkritik auf Robert Parker zurück: er bewertete die Weine nicht nur mit beschreibenden Worten, sondern er vergab ihnen Punkte nach dem amerikanischen 100-Punkte System. Und er vergab gleich eine ganze Reihe von 100 Punkten für die Weine von Lafite Rothschild, Mouton Rothschild, Latour, Léoville Las Cases, Pichon Lalande, La Mission Haut Brion, Le Pin und Cheval Blanc. Nicht alle diese Weine konnten bis heute diese Bewertung halten, aber alle Weine sind zu wertvollen Legenden geworden - mit exorbitanten Preissteigerungen. Die 100 Punkte Premiers liegen nach 30 Jahren bei über 1.000 € pro Flasche, bei einem Subskriptionspreis von rund 30 €. Auch die anderen 100 Punkte Châteaus liegen nur wenig darunter. Durch die sehr große Erntemenge gibt es immer noch Flaschen zu kaufen, leider sind diese meist vielfach über die Auktionstische gelaufen.

Dennoch erweisen sich die 82er als echte Langstreckenläufer, manch einem Wein attestieren die Verkoster, er habe sein Trinkfenster noch gar nicht erreicht. Ohne Zweifel wird der Hype um diesen Jahrgang noch Jahrzehnte anhalten, einen Diskurs über die Qualität gibt es aber nicht mehr, wenn auch einzelne Exemplare langsam der langen Lagerung Tribut zahlen müssen und ihren Höhepunkt überschritten haben. Dennoch: egal von welchem Produzenten, 1982er sind fast immer auch "blind" ein Kauf - bis heute.

Es sei noch angemerkt, dass der Jahrgang 1982 auch in anderen Regionen ein phänomenaler Jahrgang war, wenn auch nicht unbedingt der allerbeste. So z.B. im Burgund, in der Champagne und sogar im italienischen Piemont.