Bordeaux Jahrgang 2015







Witterung und Vegetationsverlauf 2015


Beginnend mit 1985 waren alle -5er und -10er Jahrgänge im Bordelais groß und 2015 setzt diese Serie fort. In jedem Fall wird es als ein sehr heißer und insbesondere extrem trockener Jahrgang in die Geschichte eingehen. Nach 2003 wurde Europa erneut von einem Sommer mit Rekordhitze bis über die 40 Grad Marke über Wochen hinweg überrascht. Bezüglich der Temperaturen im Juli und August wurden fast alle Rekorde seit Wetteraufzeichnungen gebrochen, selbst in sonst kühlen Regionen wie der Champagne und dem Burgund. Das Bordelais wurde von diesen Temperaturspitzen zwar verschont, aber die durchschnittlichen Temperaturen waren trotzdem auf Rekordniveau. Mit der Hitze einher ging zudem eine ausgeprägte Trockenheit, in einigen Appellationen fiel nur die Hälfte des üblichen Regens.

Noch im Frühjahr regnete es im Bordelais ergiebig, wie die Besucher der Primeurwoche leicht bezeugen können. Dennoch war der Winter eher trocken und die Wasserdepots zu Beginn der Vegetationsphase nicht voll gefüllt. Bereits im April drehte das Wetter und es wurde warm und schön, ideal für die Knospung und Blüte. Die Fähigkeit der Böden, Feuchtigkeit zu speichern ist in diesem Jahrgang von eminenter Bedeutung. Im Vorteil sind da die besten Kiesterroirs direkt entlang der Gironde mit stabilen Grundwasserspiegeln und auch die mit Lehm durchsetzten Böden im nördlichen Médoc (St. Estèphe) und in St. Emilion. Ganz wichtig für den Erfolg des Jahrgangs war, das die Rebstöcke das physiologische Wachstum nicht blockierten. So blieben die Beeren zwar klein, entwickelten sich aber gesund. Die Véraison (Rotfärbung) verlief schnell und danach kühlte auch das Wetter ab. Mit den leichten Regenschauern im August reduzierte sich der Trockenstress und die Ausreifung der Früchte konnte bei perfekten Bedingungen starten.

In den September gleitete das Bordelais bei schönstem Sonnenschein und frischeren Temperaturen. Seit 2010 waren die Cabernet- und Merlot-Trauben nicht mehr in so gutem Zustand quer über praktisch alle Appellationen. Ab Mitte September kamen lokal starke aber kurze Regenfälle über das Land, eine Auswirkung des Sturms Henri. Leider verschlechterten sich die Erntebedingungen im Médoc signifikant, vor allem in den nördlichen Appellationen. War Botrytis bislang in diesem Jahr kein Problem, so änderte sich dies auf einmal. Die Erntezeitpunkte der Châteaus wichen selten so stark von einander ab wie in 2015. Ein weiterer Dämpfer war auch der Regen, der im nördlichen Pauillac und in St. Estèphe am 3. und 4. Oktober fiel. Die Auswirkungen im Médoc sind spürbar, die Weine der Châteaus sehr heterogen, abhängig von der individuellen Lesestrategie der Häuser.


Der neue Verkostungsraum von Château Lafite bietet optimale Bedingungen mit viel Licht, Platz, guter Belüftung und schöner Atmosphäre.

Anders am rechten Ufer. Hier war das Lesegut fast überall in bestem Zustand und die Traubenschalen dick ausgebildet, um der Verdunstung in der Hitze des Sommers vorzubeugen. Reife Tannine und wunderbar aromatische Trauben bei großer Erntemenge (noch gröer als in 2014) zauberten ein Lächeln in die Gesichter der Produzenten, die bis weit in den Oktober schönste Bedingungen für die Ernte des Merlot und vor allem des Cabernet Franc vorfanden. Mehrere Produzenten am rechten Ufer zitierten folgenden Vergleich: der Jahrgang 2015 vereint beim Merlot die Qualität von 2010 und beim Cabernet Franc von 2011. Eine solche Perfektion beider Rebsorten gleichzeitig hätten sie in ihrer langen Laufbahn noch nie erlebt.

Es klingt paradox, aber trotz der großen Hitze im Frühsommer ist der Jahrgang 2015 in der Wein-Charakteristik eher ein kühler Jahrgang, da die Traubenreifung in kühlem Klima erfolgte. Durch das gebremste physiologische Wachstum zu Beginn des Sommers blieben die Trauben kein, aber gesund - und damit extraktreich. Das Ergebnis sind in der Spitzenklasse wunderbar harmonische Weine mit schöner, aber nicht dominierender Frucht, seidenweichen und reifen Tanninen und einer unglaublichen Balance. Einige Châteaus dürften die besten Weine seit Jahrzehnten produziert haben und geben das auch mehr oder weniger offen zu. Nicht bei allen ist dies nachvollziehbar, aber in Einzelfällen gilt das sicher. Ja näher man an die Appellationsgrenze von Pomerol und St. Emilion kommt, umso wahrscheinlicher gilt diese Aussage.

Vieles erinnert an die Serie 1990 bis 1995 mit drei schwachen und einem feinen aber nicht großen Jahrgang dazwischen. Im Vergleich zu 1994 ist aber 2014 schon ein sehr guter Jahrgang gewesen, nicht wenige Châteaus konnten die Qualität von 2014 in 2015 nicht mehr erreichen.

Die Primeurkampagne 2015


Über den Winter waren nur sehr wenige Nachrichten aus dem Bordelais zu hören. Die Fermentation dieses sehr guten Jahrgangs verlief langsam. Sie verlief sogar so langsam, dass man sich auf Château Le Pin entschied, die Primeurverkostung Anfang April auszulassen. Selbst im Februar war nicht abzusehen, welche Fässer man für den Blend verwenden würde. Die wenigen Vorabmeldungen allerdings klangen schon relativ euphorisch. Château Teyssier verspach auf der Einladung zur Verkostung: "2015, a magical year". Wie herausragend die Ernte war lässt sich auch daran bemessen, dass Château Chevel Blanc nur 2 von 45 Plots nicht für den Grand Vin freigab. Zuwenig für den Zweitwein Petit Cheval, der in 2015 nicht produziert wurde. Wäre in diesem Jahr die Primeur etwas später gewesen, hätten sich die Weine noch besser präsentiert. Alexandre Thienpont von Vieux Château Certan merkte an, dass sich die Weine von Woche zu Woche weiter deutlich verbessern.

Das Interesse an der Primeur war groß, man konnte auffallend viele asiatische Teilnehmer ausmachen.



ENGLISH VERSION

Weather conditions and vegetation process 2015



Since 1985 all vintages that ended with a 5 or a 10 were great vintages in Bordeaux and the 2015 is no exception. It will make history because of a very hot and especially very dry climate. After the year of 2003 Europe was once again hit by extreme temperatures above 40 degrees. In July and August there were all-time high temperatures - even in Burgundy and Champagne, where a bland climate is normal. Bordeaux was not confronted with extremes like this, but the average temperature broke all records. But it was not just hot but very dry, some appellations had to deal with just half of the rain they were expecting.

Bordeaux had quite a lot of rain in spring; a lot of Primeurs visitors experienced it first hand. However, the winter was rather dry and the savings of water were everything but full. But with the beginning of April the weather changed and it became nice and sunny, perfect conditions for buds and blossoms. The ability of the soil to contain water was crucial for this vintage. The vineyards on gravel close to the Gironde have an advantage because of the constant groundwater table - and the soil with lots of clay in the northern Médoc (St. Estèphe) and St.Emilion was benefited. The most important thing for a successful vintage is the continuous physical growth of the vine. The berries should stay small and healthy. Reddening came fast this year and the climate cooled down just after. The slight rain showers in August minimized the stress and the ripening of the fruits was able to develop perfectly.

September came along with wonderful sunshine and a cooler climate. 2010 was the last time the Cabernet and the Merlot grapes had been in such good shape across almost all appelations. In the middle of September some regional rain showers came with storm "Henri". Unfortunately the conditions for harvesting became worse in the end of September, especially in Médoc and its appellations in the north. Botrytis had not been a problem so far, but this changed within a matter of days. The dates of harvesting varied dramatically form Château to Château in 2015. Another difficulty was the rain in Pauillac and St.Estèphe on October 3rd and 4th. The consequences are severe and can be tasted in the Médoc, the quality of wines are heterogeneous due to the different strategies of harvesting.

A completely different situation appeared on the right bank. The grapes were perfectly ripe with thick skins in order to prevent dehydration from the hot sun. Ripe tannins and wonderful aromatic grapes combined with a large crop (even greater than 2014) made producers smile. Far until October they were spoiled with perfect conditions to harvest the Cabernet Franc and Merlot grapes. Several winemakers told us the following statement: the vintage of 2015 combines two things, the Merlot quality of 2010 and the Cabernet quality of 2011. Never before had they seen ripeness of both grapes in such perfection.

It sounds paradox, but despite of the hot climate the vintage tastes more like a cool vintage since the ripening of the grapes took place during a cool climate. Due to the limited physical growth in the beginning of the summer the grapes remained small but healthy and therefor very tasty. The results are beautiful wines on highest level in full harmony with just the right amount of fruit. Some Châteaux produced the best wines in decades and some even say so. It is not always reliable, but for sure true in some cases. The closer you hit the border from Pomerol to St. Emilion the higher the chances are that this is true.

Everything reminds us of the series of three week and one fine vintage from 1990 to 1995. Compared to the 1994 the 2014 is quite a good vintage, a lot of Châteaux were not able to hold onto to excellent quality of the 2014.

Primeur Campaign 2015


see our detailed primeur report on vintage 2015

Throughout the entire winter there were little news coming from Bordeaux. The fermentation of this excellent vintage began slowly, too slow for some Châteaux like Le Pin, which decided not to participate on the Primeur Campaign, since even in February it was not possible to choose the barrels for the final blend. The few news coming from the region sounded quite enthusiastic, Châteuax Teyssier promised a "magical" year on their invitation. How great the harvest must have been shows Cheval Blanc: the only denied 2 of 45 plots for the Grand Vin - not even enough for a second wine. If the Primeur week had been a little later, the wines would have showed even better. Even Alexandre Thienpont from Vieux Châteaux Certan says that the wines increase in quality every week.

The interest in the Primeur week was high, especially the crowd from Asia seems to be growing every year.