Bordeaux Jahrgang 2011







Witterung und Vegetationsverlauf 2011


Ein Jahr der Wetterextreme: das Frühjahr war 2011 so schnell und nachhaltig gekommen wie seit vielen Jahrzehnten nicht mehr. Der gesamte Vegetationsverlauf vom Austrieb an war mindestens drei Wochen voraus. Im Frühsommer folgte große Hitze und Trockenstress. Später, in der zweiten Julihälfte dann Regen, örtlich sogar Starkregen. Die Ernte begann z.T. bereits Mitte August, so früh wie seit rund einhundert Jahren nicht. Anfang September Hagel im Médoc mit schweren Schäden in St. Estèphe. Dies zwang dazu, mit der Ernte teilweise sofort zu starten. Fäulnis beginnt ein Problem zu werden. Der Ernteertrag dürfte leicht über dem langjährigen Durchschnitt liegen. Insgesamt ein sehr schwieriges Jahr im Bordelais, im Frühjahr verhielten sich die Reben wie im Sommer und im Sommer wie im Frühjahr. Am Ende half nur noch extremes Aussortieren bei der Ernte. Die besten Weine dürften allenfalls gut sein, der Rest dünn, ohne Farbintensität und Frucht. St. Emilion und St. Julien sind wohl noch am besten weggekommen. Nach dem ungünstigen Witterungsverlauf wird 2011 sicher ein Jahrgang für die Magier in den Kellern. Die Jahrgänge auf -1 sind - mit Ausnahme von 1961 - immer noch ohne Legendenpotenzial.

Es fällt auf, dass es diesmal am "Place Bordeaux" sehr ruhig ist und sich niemand zum Jahrgang äußert. Zu Beginn des Jahres 2012 wartet man offensichtlich auf den Abschluss der malolaktischen Gärung, um zu sehen, wie sich die Weine entwickeln. Die Primeur-Woche beginnt am 01. April 2012, ein in Bezug auf die Wetterkapriolen bezeichnendes Datum. Wenig hilfreich im Vorfeld sind auch die durchweg hohen Bewertungen des Jahrgangs 2009 auf der Flasche, der im Frühjahr 2012 zur Auslieferung ansteht. Vielleicht sollte man doch lieber noch 2009 nachkaufen und 2011 auslassen.

Die Primeurkampagne 2011


Trotz großem Aufgebot an Teilnehmern verlief die Primeur-Woche direkt vor Ostern ohne allzu großes Echo in der Presse. Es wird berichtet, dass merklich weniger Teilnehmer aus Asien zu sehen waren. Nach dem Hype der Jahrgänge 2009 und 2010 ist man am Place Bordeaux wieder zum Normalbetrieb zurückgekehrt. Niemand versucht, den Jahrgang in den Himmel zu heben, zu groß ist der Unterschied zu 2010. Einigermaßen erfolgreich waren die Cabernet Franc betonten Weine in Pomerol und St.-Emilion. Ein heterogener Jahrgang, keineswegs schlecht, aber ohne jegliches Legendenpotenzial. Im Reigen der jüngsten Jahrgänge sieht man 2011 irgendwo zwischen 2001, 2006 und 2008, sicher aber besser als 2002, 2004 und 2007.

Schwache Qualitäten und völlig überzogene Preise führen dazu, dass man diesen Jahrgang schnell vergessen wird. 2012 war besser und deutlich günstiger. Wer kauft da 2011?

Im April 2014 dann die Flaschenbewertung von Parker: kein Wein liegt über 96 Punkten, nur vier Weine schaffen diese Bewertung: Clos de Sarpe, Magrez Fombrauge, Palmer, Pape Clément. Ein Triumph für Bernard Magrez, der gleich mit zwei Weinen vertreten ist. 15 weitere Weine schaffen die 95 Punkte-Marke: Pétrus, Ausone, Cheval Blanc, Valandraud, Clinet, Gracia, Haut Brion, La Mission, Le Pin, L'Eglise Clinet, Feytit Clinet, Pavie, Peby Faugeres, Troplong Mondot. Keine einziger Wein aus dieser Liste stammt aus dem Médoc! Auch unter den 13 Weinen mit 94 Punkten liegt das Médoc mit nur einem Vertreter (Léoville Poyferré) weit abgeschlagen. Selbst 93 Punkte schaffen nur wenige wie Margaux, Pontet Canet und Las Cases. Immerhin erreichen 127 Produzenten 90 Punkte und mehr.