Ein Schloss im Weinberg

Wohnkultur und Lebensstil französischer Winzerfamilien




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Solvi dos Santos, Florence Button
Gebundene Ausgabe, 256 Seiten (2012)
Verlag Gerstenberg Verlag, Hildesheim, ISBN: 3836926776

Autor(en):
Solvi dos Santos ist eine der namhaftesten Lifestyle-Fotografinnen der Welt. Sie hat etliche Bildbände veröffentlicht.
Florence Brutton hat sich durch ihre Tätigkeit für das Comité interprofessionel du vin de Champagne und für die Zeitschrift "The World of Fine Wine Magazine" intime Kenntnisse über die Welt der französischen Weine erworben. Sie hat zahlreiche Weinbücher übersetzt.

Covertext:
Eine Einladung zur Schlossführung!
Kein anderes Kulturgut wird so sehr mit einem Land identifiziert wie der Wein in Frankreich. In diesem Bildband lernen Sie 31 französische Weingüter nicht nur von außen, sondern vor allem auch von innen kennen. Schlendern Sie mit Solivi dos Santos durch Château Lafite Rothschild in Bordeaux, Château Roederer in der Champagne oder Gut Schlumberger im Elsass.
Unser Eindruck:
In Frankreich nennt sich fast jedes Weingut "Château", auch wenn das "Schloss" nur ein kleines Wohnhaus mit angeschlossener Kelterhalle ist. Es gibt aber auch sehr viele "echte" Schlösser auf Weingütern, die ihre Bezeichnung mehr als verdienen. Vor allem, wenn man auf der berühmten "D2" durch das Médoc fährt reiht sich Château an Château mit prächtigen Fassaden und kunstvoll gestalteten Gärten davor. Überall dort, wo prosperierende Weingüter das Schloss umgeben findet man aufwändig restaurierte und prunkvoll ausgestattete Bauten. Für Gäste ist es aber meistens unmöglich, einen Blick ins Innere zu werfen, viele der Top-Weingüter lassen auch nur Fachpublikum in die Kellereianlagen.

Einfacher ist der Blick hinter die Kulissen durch den Erwerb des Bildbandes von Fotografin Solvi dos Santos. Sie besucht und portraitiert 31 Schlösser im Weinberg, verteilt über alle wichtigen Weinregionen Frankreichs. Jedes Château wird mit einem einseitigen Text kurz vorgestellt, Fokus sind seine Historie und seine Philosophie des Weinmachens. Um die Fakten geht es in diesem großformatigen Band aber nicht. Es folgen 6 bis 8 Seiten mit Außen- und Innenaufnahmen in verschiedenen Formaten. Die perfekt gemachten Bilder zeigen oft Ausstattungsdetails wie Blumenvasen, Bilder und antiquarische Möbel. Dabei offenbart sich der Glanz vergangener Tage, insbesondere wenn er so perfekt restauriert ist wie hier abgelichtet. Schwere Holzverkleidungen an der Wand, allerlei Jagdtrophäen und Jagdzubehör, antiquarische Möbel sowie großformatige Teppiche an der Wand und auf dem Boden. Die Polstermöbel bezogen mit kunstvollen Stoffen, bevorzugt in roten Tönen, harmonieren mit den pastellgrauen Wänden und weiß gehaltenen Stuckverzierungen. Nur ganz selten finden sich moderne Stilelemente als Kontrast, alles wirkt schwer und traditionsgeladen - teilweise etwas düster.

Wer in Frankreich auf dem Land öfters einmal in Château-Hotels übernachtet kennt diesen leicht bedrückend wirkenden Stil. Der Schlaf bleibt leicht, wartet man doch auf das obligatorische Gespenst. Der Gedanke verstärkt sich durch die unglaubliche Dunkelheit auf dem Land, die das Gebäude umgibt und die Gewissheit, dass das Mobiltelefon hier garantiert nicht funktioniert. Oder man schläft besonders tief, so tief wie die Betten aus dickem Holz und in der wohligen Gewissheit einer Jahrhunderte alten Tradition des Gemäuers. Die ausladende Innenausstattung ist vielleicht eines der letzten Refugien der vergangenen feudalen Gesellschaft, derer sich die Franzosen in der Revolution entledigt haben. Faszinierend, schön und doch irgendwie ungewohnt für die Bauhaus geübten Deutschen.

Ein tolles Buch für Freunde echter Antiquitäten und des französischen Landhausstils der gediegenen, klassischen Prägung. Wie gesagt, ein tolles Buch - aber nicht unbedingt für Weinfreunde. Und man ist froh, nicht Robert Parker zu heißen, denn der übernachtet sicher oft in solchen Winzer-Châteaus - gaaanz allein.

Unsere Bewertung: