Wein: Mein Leben





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Michel Rolland
Gebundene Ausgabe, 208 Seiten (2014)
Verlag Tre Torri Verlag, Wiesbaden, ISBN: 3944628225

Autor(en):
Michel Rolland wurde 1947 als Sohn einer Winzerfamilie in Libourne (Pomerol) geboren. Nach dem Besuch der Weinbauschule von Château La Tour Blanche, dem Önologiestudium und der Eröffnung eines Analyselabors errang er neue und bahnbrechende Erkenntnisse, die die nationale sowie internationale Weinwelt revolutionierten. Heute berät er über 100 bedeutende Weingüter in 13 Ländern, die meisten davon im Bordeaux. Sein unverwechselbarer Weinstil beeinflusst weltweit Winzer und Weinszene.

Covertext:
Zum ersten Mal erzählt der „König der Cuvées“ Anekdoten zu bedeutenden Ereignissen seines Lebens und rückt eingefahrene Kontroversen ins richtige Licht. Und ganz nebenbei schafft er es, die Leser in seinen Bann zu ziehen und mit seiner Leidenschaft für guten Wein anzustecken.
Unser Eindruck:
Der Begriff "Apologie" stammt aus dem Griechischen und bezeichnet eine Rechtfertigungsschrift gegen Angriffe auf die eigene Weltanschauung. In diesem Sinne verwendet, ist die vorliegende Neuerscheinung weniger eine Biographie als eben eine Apologie, auch wenn der Titel "Wein, mein Leben" von Michel Rolland eher auf eine Biographie abhebt. Das macht das Buch aber nicht weniger interessant!

Doch zunächst kurz zum Hintergrund: der unglaublich große Erfolg des Önologen Michel Rolland aus Pomerol bei Bordeaux revolutionierte in den 1980er und 1990er Jahren die Weinerzeugung und entwickelte sich zu einem enormen Wirtschaftsfaktor in der Branche. Die Reaktion bleibt nicht aus und 2004 brachte Jonathan Nossiter den Dokumentarfilm "Mondovino" in die Kinos - ebenfalls ein sehr großer Erfolg. Nossiter zeichnet hierin die nach seiner Meinung durchweg negativen Effekte der Arbeit von Michel Rolland nach. Hand in Hand mit dem Aufstieg des Weinkritikers Robert Parker, so der Vorwurf, wurde die Weinwelt uniformiert in Richtung eines bestimmten Geschmacksstils. Dieser sei geprägt durch extraktreiche, alkoholstarke und sehr fruchtbetonte Weine, oft auch als Marmeladenweine bezeichnet. Wie man diesen Weinstil umsetzt, vermittelte Michel Rolland gegen viel Geld an die Weinproduzenten. Anschließend bewertete Parker die von Rolland beratenen Weingüter hoch und der Preis für die Weine stieg stark an, was das Honorar erst Recht beflügelte. Viele Konsumenten waren begeistert, waren die "Parker-Weine" doch leicht zu verstehen und bügelten jeglichen Terroireinfluss einfach weg, so der Vorwurf. Beide Seiten standen sich mit der Zeit immer unversöhnlicher gegenüber, die Weinwelt war gespalten. Und der Film Mondovino goss Öl ins Feuer und er traf offensichtlich die Protagonisten ins Mark. Erst kürzlich hat sich Parker vehement gegen die Anwürfe verteidigt, nun kommt das Buch von Michel Rolland auf den Markt. So kennt das Buch nur ein Thema: Mondovino - allerdings hübsch verpackt mit zahllosen netten Geschichten aus dem Leben von Rolland.

Das Buch beginnt mit einer Schilderung des Elternhauses und der Jugend von Michel Rolland, von der er selbst sagt, sie sei nicht durch Besonderheiten gekennzeichnet. Ein behütetes Elternhaus in Pomerol auf dem Land, eine eher kleine Welt. Sein Weg war durch die Übernahme des elterlichen Weinguts vorgezeichnet. Der Rektor motiviert Rolland, ein Studium der Önologie an der Universität Bordeaux aufzunehmen. Dort lernte er auch seine künftige Frau, eine Medizinstudentin kennen. Sie wechselte jedoch bald auch zur Önologie. In Bordeaux kamen die Rollands mit der Mikrobiologie in Kontakt, Michel Rolland arbeitete nach dem Studium dann auch an analytischen Aufgabenstellungen. Wie er selbst sagt, beschränkte sich die Önologie als Wissenschaft damals mir dem Prozessen im Keller, nicht im Weinberg, aber die Wissenschaft bahnte sich schon damals ihren Weg und revolutionierte den Weinbau.

Kapitel 2 zeichnet in chronologischer Folge die Weinjahrgänge von 1973 bis 2001 nach, der vielleicht interessante Teil dieses Buches. Bis in die 1980er Jahre folge ein schwacher Jahrgang auf den anderen, die Weinbauern kämpften mit der Existenz. 1973 lernten Dany und Michel Rolland bei einer Veranstaltung das Ehepaar Chevrier kennen, das ein Weinlabor in Libourne betrieb. Monsieur Chevrier beabsichtigte, in Rente zu gehen und nahm die Rollands als Partner in die Firma, die sie später komplett übernahmen. Damit war der Grundstein für die Consulting-Tätigkeit gelegt. Paradoxerweise waren es gerade die schwachen Jahrgänge, die den Rollands die Kunden zutrieb, da Analysen hoch im Kurs standen. Michel Rolland erkannte sehr schnell, dass der Schlüssel für eine bessere Weinqualität im Weinberg lag und im Keller höchstens noch etwas nachgesteuert werden konnte. Am wichtigsten waren im Keller Hygiene und neue Holzfässer, beides Revolutionen für sich. Im Weinberg führte die Ertragsreduzierung zu raschem Erfolg, traf jedoch auf das völlige Unverständnis der Weinbauern.

Ein kurzes Kapitel beschreibt die Begegnung mit Robert Parker, den er schlicht bewundert und mit vielen Worten verteidigt. Kein Wunder, sieht sich das Duo Parker / Rolland doch gemeinsam attackiert. Doch bereits nach 10 Seiten kommt Michel Rolland auf das Kernthema dieses Buches: Jonathan Nossiter, den Macher des Films Mondovino und größten Kritiker von Parker / Rolland. Man spürt sofort: Rolland ist von der Kritik getroffen, ja angeschlagen. Seine Strategie, das Thema einfach zu ignorieren und auszusitzen ist nicht aufgegangen. Trotz der Gefahr, "schließlich ein gleiches Spiel zu spielen", hätte er sie daher geändert und äußert sich nun, denn "früher oder später drohen Magenverstimmungen". Was ihn besonders an die Nieren geht ist die Kritik an seiner Person, nicht nur an seiner Arbeit als Önologe. So werden die ihn betreffenden Filmszenen detailliert auseinander genommen, eine Gegendarstellung vorgetragen. Michel Rolland schreibt / redet sich in Rage, quasi-intellektuell mit gewichtiger Wortwahl verpackt. Doch dieser Versuch scheitert kläglich, wenn die Wortwahl ins Aggressive kippt. Dabei hat er sicher einige sehr gute Argumente auf seiner Seite, doch in diesem Klima geht es nur noch um verbalen Kampf.

Rund 50 Seiten bleiben noch für die Aufzählung der quasi unzählbaren Auslandsmandate Rollands. Erfreulicherweise erfährt der Leser hier wieder einige interessante Details aus der Arbeit Rollands. Die Schwerpunkte dieses Berichtes liegen auf Kalifornien und Argentinien, von dem er sagt, dieses Land sei "ein Stück seines Liedes".

Der Einfluss Michel Rollands auf den modernen Weinbau und seiner fraglos bahnbrechenden Verbesserungen ist kaum zu überschätzen. Insofern ist das Buch für jeden Weinfreund, der sich ernsthaft mit dem Thema auseinandersetzt ein wichtiges Dokument. Dennoch hat Michel Rolland eine Chance vertan, sich herunterziehen lassen von seiner emotionalen Auseinandersetzung mit Jonathan Nossiter. Er sah die Gefahr kommen und hat dies auch angesprochen, aber er konnte nicht anders, es musste in dieser Schärfe heraus. Schade, denn er ist definitiv jemand, der in der Branche was zu sagen hat und die von ihm betreuten Weine räumen jeden Zweifel aus. Man mag seinen Stil hinterfragen oder auch ablehnen, aber die Revolution im Weinbau ist zu einem großen Teil sein Verdienst.

Unsere Bewertung: